Es regnet in Strömen heute Morgen und das wird mehr oder weniger den ganzen Tag so bleiben. Auf der Tâmpa ist sogar Schnee gefallen. Die Gassen Brașovs mit ihrem Kopfsteinpflaster sind aber auch bei Regen schön.
Ich mache einen Rundgang und besuche dann das Museum der urbanen Zivilisation, eine gute Ergänzung zum ethnographischen Museum in Cluj.
Die Geschichte von Brașov ist wesentlich auch die Geschichte der Siebenbürgner Sachsen, die schon mit dem Deutschen Orden hier zu siedeln begannen. Die sogenannten „Sachsen“, deutsche Siedler prägten Siebenbürgen bis zum zweiten Weltkrieg. Ihre Spuren sind überall noch sehr präsent. Hier z.B. im Bürgerhaus, in dem ich wohne:
In den Museen ist ihre Geschichte (wie auch diejenige der Ungarn, Bulgaren und Roma) nicht einfach zu verfolgen, die rumänische Volksgruppe wird stark in den Vordergrund gestellt. Auch die Zeit zwischen 1945 und 1989 ist noch nicht aufgearbeitet.
Hier die Geschichtsschreibung der stadteigenen Website, hier diejenige des Forums Kronstadt und hier ein Beitrag des Bayrischen Fernsehens. Und einfach ein paar alte Bilder aus dem damaligen Kronstadt.
Interessant ist, dass viele „Sachsen“ erst nach dem Umsturz 1989 (Augenzeugenbericht) nach Deutschland auswanderten. Unter Ceausescu hatten sie sehr lange auf eine Auswanderungsbewilligung (für die die Bundesrepublik teuer bezahlte) warten müssen, nachher nahmen sehr viele die Auswanderungsmöglichkeit sofort wahr.
Auch wenn nicht mehr viele Siebenbürgner Sachsen hier wohnen, ihre Kultur ist noch sehr gegenwärtig, hier die Verkündigung von Todesfällen bei der Schwarzen Kirche.
Das Museum in der ersten rumänischen Schule hat am Samstag leider geschlossen.
Als es am Nachmittag kurz aufhellt, fahre ich mit der Seilbahn auf die Tâmpa, von hier oben hat man einen sehr guten Blick auf die Altstadt.
Morgen früh fahre ich nach Bukarest, ich hätte – wie auch schon in Budapest und Cluj – gut noch einige weitere Tage hier bleiben können.
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Mit der Bahn durch Siebenbürgen
Ich verbringe mehr oder weniger den ganzen Tag im Zug, von Cluj-Napoca (Klausenburg) nach Brașov (Kronstadt). Die Fahrt geht quer durch Siebenbürgen zum Karpatenbogen. Lange genug, dass es sich auch die Lokführer gemütlich machen:
Dieser Ausschnitt aus Meyers Lexikon von 1928 listet die verschiedenen Regionen Rumäniens auf. Daniel Ursprung hat die Problematik letztes Jahr in der NZZ gut dargestellt
Durch die nicht fototauglichen Wagenfenster ziehen vorbei: fruchtbare schwarze Erde, grüne Hügel, Gänse, Eselkarren, grosse Schafherden mit Schäfern und vielen Hunden, die manchmal dem Zug nachrasen. Kleine Gehöfte, Ziegeleien, Pferdefuhrwerke mit Baumstämmen.
Aber auch Schrott, vor sich hin rostende Autos, abgebrannte Felder und Böschungen, Abfallhalden. Bei Copsa Mica die Wracks einer riesigen Buntmetallhütte und einer Russfabrik. Beide haben Umwelt und Menschen bis heute bleibenden Schaden zugefügt (Blacksmith-Institut, Reporterreisen, taz)
Häufig fährt der Zug kaum schneller als 40 km/h, so dass wir mit fast zweistündiger Verspätung in Brașov eintreffen. Ich habe ein schönes Studio mit Blick zur Schwarzen Kirche. Der nette Vermieter hat mich sogar in den Zug angerufen, um zu fragen, wo ich stecke. Ich mache noch einen kleinen Rundgang. Um noch viel zu unternehmen, fühle ich mich zu krank.