Lehrer/innenbildung

Bild (c) Nara University of Education
Ich bin langsam sehr müde. Mehr als 10 Wochen neue Eindrücke und Informationen aufnehmen, mich ständig auf immer andere Situationen und Personen einstellen, mit Ungewissheiten umgehen, staunen, warten, Pläne ändern, mich durchsetzen. Gelassen und für Unerwartetes offen bleiben. So bereichernd es ist, es ist auch zehrend. Ich freue mich darauf, in fünf Wochen wieder zu Hause zu sein.

Aber vorerst befasse ich mich ausführlicher mit der nicht ganz einfach zu durchschauenden japanischen Lehrpersonenbildung. Interessant ist, dass ich nicht einfach jemanden fragen kann – Studierende wie Dozierende beginnen häufig zu rätseln, wenn ich sie nach dem japanischen System – das ja an sich zentral gesteuert ist – frage. Es scheint hier auch sehr viele lokale Spezifitäten und häufige Änderungen zu
Aus Murata/ Yamaguchi 233 ff. und Gesprächen entnehme ich:

  • Es gibt einen oder mehrere Lehrer/innenbildungsstudiengänge an jeder nationalen Universität
  • Lehrpersonenbildung ist an Colleges (d.h. zweijährigen Hochschulen, häufig ohne Forschung) und Universitäten möglich und natürlich an den häufig aus Zusammenschlüssen von früheren Colleges hervorgegangenen Universities of Education. Das Curriculum für die Lehrpersonenbildung muss zwingend vom Erziehungsministerium genehmigt werden.
  • Unter der DP, die 2009 – 2012 an der Macht war sollte das Lehrer/innenbildungssystem auf 6 Jahre umgestellt werden, nach dem Bachelorabschluss nach vier Jahren sollten also noch zweijährige „graduate schools“ für angehende Lehrpersonen eingeführt werden. Dies ist heute teilweise umgesetzt. Die Nara University of Education verfügt über eine solche Graduate School, die man mit einem Master abschliesst. Als Majors werden School Education und Subject Education angeboten. Ein Masterabschluss ist aber für die meisten Lehrberufe nicht zwingend. Je nachdem, ob man einen Bachelor- oder Masterabschluss hat, bekommt man einfach ein anderes Diplom mit anderen Verdienstmöglichkeiten.

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Quelle: Consortium for Policy Research in Education (PDF)

  • Nach der Diplomierung folgt eine zweijährige berufsbegleitende Phase
  • Primarschule: Ausbildung zur Klassenlehrperson, die alle Fächer erteilt (Ausnahmen gibt es: Musik, Kunst, Hauswirtschaft für die Fachlehrer/innenausbildungen angeboten werden). Eine Ausbildung zur Klassenlehrperson heisst nicht, dass alle Fächer gleich gewichtet werden. In der Regel bildet man sich in etwa drei Fächern eingehend aus.
  • Ab Sekundarstufe I erfolgt die Ausbildung zur Fachlehrperson, die lediglich ein Fach unterrichtet

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Bild (c) Nara University of Education

  • Wie schon erwähnt führen die Städte oder Präfekturen einen harten Selektionsprozess durch, mit Persönlichkeitstests, Assessments, Individual- und Gruppeninterviews, Probelektionen usw.
  • Die Uni bietet ein Supportsystem an, um die Studierenden auf die Selektion vorzubereiten, ebenso die Stadt Nara (für diejenigen, die in der Stadt unterrichten wollen, ist es praktisch unumgänglich, an Samstagen diese Support-Kurse auch zu besuchen, sonst haben sie kaum Chancen, eine Stelle zu bekommen)
  • Der Selektionsprozess erklärt sich mit der ständigen Abnahme der Schülerinnen- und Schülerzahlen

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Quelle: MEXT

  • Wer eine Anstellung bekommt, absolviert zuerst eine einjährige Probezeit.

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Bild (c) Nara University of Education

  • Die Berufseinführungsphase dauert 2 Jahre und ist intensiv: 10 Stunden pro Woche werden für schulinterne Weiterbildung eingeplant, d.h. Beratung durch Schulleitende und erfahrene Lehrpersonen. 25 Tage für externe Weiterbildung, die häufig durch private Anbieter durchgeführt wird.
  • Die Weiterbildung wird in vier Typen unterschieden
    • individuelle Weiterbildung, Weiterbildung in der Schule (z.B. Peer-Coaching, Unterrichtsbesuche bei erfahrenen Lehrpersonen), Weiterbildung durch verschiedene Anbieter (z.B. Angebote durch Forschungsinstitutionen, Umweltorganisationen usw.)
    • Weiterbildung durch die Anstellungsbehörde (spezielle Weiterbildungen für Lehrpersonen mit 5, 10 und 20 Jahren Erfahrungen, wobei diejenige nach 10 Jahren gesetzlich vorgeschrieben ist Weiterbildungen, die mit einem Funktionswechsel (z.B. zum „leading support teacher“, „vice principal“, „principal“ usw. verbunden sind
    • Weiterbildung durch die Universität (zielt v.a. auf einen höheren akademischen Grad oder ein weiteres Diplom)
    • Weiterbildung durch die Universität, um alle 10 Jahre das Diplom zu erneuern (ein „Verfalldatum“ der Diplome wurde 2007 eingeführt).

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    Bild (c) Nara University of Education
    Das tägliche Leben an der Universität hier in Nara wird auch mit einem Blog und einer Facebookseite dargestellt
    Blog (durch Google recht und schlecht übersetzt)
    Facebook

    Am Nachmittag fahre ich mit einer deutschen Austauschstudentin und einer japanischen Studentin, die ein Gastsemester in Heidelberg plant an die Uni Osaka zum Deutschen Seminar, so der Dokumentarfilmer Einblick in seine Arbeit gibt. Die Uni verfügt über drei grosse Campi und viele „Schools“. Hier ist deutlich alles zwei, drei Schuhnummern grösser als an einer University of Education wie in Nara. Der Relationen sind ähnlich wie z.B. zwischen der Uni Zürich und der PH Zürich.