Am Sonntagmorgen ist in Brașov kein Taxi zu bekommen. Florin, mein Vermieter ärgert sich über die Arbeitshaltung der Rumänen und fährt mich zum Bahnhof.
Schöne Fahrt durch die nochmals verschneiten Mischwälder der Karpaten. So bewusst war mir gar nicht, dass es hier so alpin ist.
Die Karpaten gehen in eine Hügellandschaft und dann in die völlig flache „südrumänische Steppe“ über. Der Zug fährt nun deutlich schneller. Bei Ploiești eine riesige Raffinerie. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird hier Erdöl gefördert und verarbeitet. Die Anlagen wurden im zweiten Weltkrieg von den Alliierten stark bombardiert, da sie eine wichtige Energiequelle für das Deutsche Reich darstellten. (Wikipedia)
Vor Bukarest hat man mich schon in Cluj gewarnt. Die Leute seien aggressiv, weil so gestresst. Taxifahrer ohne Lizenz bieten mir zwar ziemlich beharrlich ihre Dienste an, sie sind aber auch humorvoll und hilfsbereit und erklären mir, wo ich ein Billett für den Bus bekomme und wo Bus Nummer 123 zu meinem Hotel abfährt.
Die Busfahrt führt an einigen Kirchen vorbei, viele Passagiere bekreuzigen sich bei jeder Kirche.
Mein Hotel liegt in der Nähe des Palatul Parlamentului, des Parlamentspalastes. Seine Fläche von 365’000 Quadratmeter wird nur noch vom Pentagon übertroffen, es ist das letzte Zeugnis des Grössenwahnsinns von Ceausescu und wurde nach 1989 fertig gestellt. Auch die Pärke und Strassen zeugen vom Protz“kommunismus“, der in Bukarest besonders stark gewütet hat.
Heute weht die rumänische Fahne neben EU- und Natofahne. Dass die Nato den Rumänen wichtig ist, habe ich schon heute Morgen beim Gespräch mit Florin gemerkt, der sich einige Sorgen um die Situation in der Ukraine macht und froh ist, dass Rumänien zur Nato gehört.
Danach besuche ich einige kleine, eindrückliche Kirchen. Der Patriarch der rumänisch-orthodoxen Kirche (vgl. religionenschweiz) hat hier in der Gegend seinen Sitz und eine Kirche. Im Altstadtviertel stehen die Stavrepoleos- und die alte Gerichtskirche.
Im historischen Museum ist zwar auch nichts über die neuere rumänische Geschichte zu erfahren, aber eine gute Ausstellung „Imagining the Balkans“ (UNESCO). Dargestellt werden Gemeinsamkeiten (wie Kaffeehäuser, Selbstdarstellungen, Mobilität, Konstruktion nationaler Identität usw.) anstatt Gegensätze.
Ich komme auch am Denkmal für die beim Umsturz im Dezember 1989 Gefallenen vorbei. An die Angst der damals am Radio interviewten Rumänen vor einem noch viel grösseren Blutbad durch die Securitate erinnere ich mich noch gut. Die damals Geborenen sind jetzt 25-jährig.
Zum Schluss des Tages esse ich im Caru‘ cu bere. Es will mir aber keinen rechten Spass machen, die Kopfschmerzen begleiten mich zu aufdringlich.