Das erste Mal fahre ich jetzt auf der klassischen Strecke der transsibirischen Eisenbahn. Alles ist ein bisschen weniger improvisiert als auf den anderen Strecken. Auch die Geschwindigkeit des Zuges ist höher, ich schätze etwa 80 km/h.
Und es gibt – der einzige Abschnitt dieser Bahnreise – keine Zollkontrollen. Ich komme heute viel zum Lesen.
Der Frühling beginnt, Schneeschmelze und das Auftauen der Böden haben überall eingesetzt. Entlang der Bahnstrecke lose Birkenwälder, Fichtenwälder, viele kleine Dörfer, Forstwirtschaft.
Gegen Mittag sind wir in Krasnojarsk, die beiden Frauen und der Mann, alle viel jünger als ich, die mit mir das Abteil geteilt haben, machen sich bereit zum Aussteigen. Der Trainingsanzug wird wieder gegen Business-Kleidung getauscht, die Frauen investieren viel Zeit in das Make-up, auch Schuhe werden geputzt und Stiefel gewichst. Mit einem до свидания! verabschieden sie sich.
Der neu zusteigende Mitreisende baut dann ein ganzes Medikamentenarsenal auf dem Abteiltisch auf. Dann löst er Kreuzworträtsel, trinkt Arzneien, schnäuzt und hustet. Ich hoffe, dass ich unterdessen einigermassen immun gegen sibirische Käfer bin…
Die Zeitverschiebung zu Zürich beträgt unterdessen schon acht Stunden. Morgen früh kommen wir in Irkutsk an. Danach möchte ich gleich weiter zum sicher noch gefrorenen Baikalsee. Mit einer Tiefe von 1637 Metern ist er der tiefste See der Welt und auch seine Länge von 636 km und seine Breite von 27 – 80 km sind beeindruckend. Hier liegen 20% der Süsswasservorräte der Erde.
In den ersten Jahren der Transsib wurden die Züge mit Fähren über den See gefahren.