Pacific Worlds (9) – Asien, Amerika und das Zeitalter der Galeonen

Eine andere Sorte Pirat war Francis Drake. Das Ziel der britischen Krone, in deren Diensten er stand, war auch, sich das mächtige spanische Imperium zur Beute zu machen. Entsprechend griff seine Flotte spanische Siedlungen an und plünderte iberische Schiffe.

Der Galeonenhandel der Spanier florierte 1565 – 1815. Wegen gesunkenen Schiffen, ist man gut informiert über die Ladung der Schiffe, die in der einen Richtung aus Porzellan, Wachs, Elfenbein, Lackwaren und Seide, in der anderen hauptsächlich aus Silber und Gold bestand. Der Handel war das Herz der globalen Wirtschaft im Pazifik, Filippinos mussten Zwangsarbeit leisten, Spanier, Chinesen, Mestizen, malaiische Händler waren in den mit sehr grossen Profiten verbundenen Handel involviert. Ganze Kulturen nicht nur auf den Philippinen und in Mexiko, sondern auch unterwegs, auf Guam, den Marianen wurden durch den Handel transformiert, es fanden Zwangsumsiedlungen, Missionierungen statt, im ganzen Pazifik entstanden hybride Kulturen. Die Spanier expandierten auch nach Kalifornien, wo sie auf «indianische» Kulturen trafen, für die die Begegnungen letztlich der Anfang vom Ende waren. Transit und kulturelle Beeinflussung fand auch zwischen Mexiko und den Philippinen statt – während Manila aber ein pulsierendes multikulturelles Zentrum war, war Acapulco einfach ein heisser, stickiger Hafen, ein Warenumschlagsplatz, von wo aus die für Europa bestimmten Güter auf dem Landweg nach Veracruz geschickt wurden.

Eine Familie auf Guam mit Vorfahren aus den Philippinen. (Guempedia)

Der Galeonenhandel brachte auch Tausende von Sklaven  aus Mindanao und Indonesien. Ein Beispiel des Transits ist die bis heute in Mexiko verehrte Heilige Catarina de San Juan. Die Heilige, die damals Mirnha hiess, soll aus einer alten Mongolischen Familie stammend vor den Türken nach Westindien geflohen und dort von portugiesischen Sklavenhändlern gefangen genommen und nach Manila gebracht worden sein. Von einem spanischen Kapitän und seiner Frau gekauft gelangte sie nach Acapulcao, wo sie wegen ihres Aussehens und ihrer Kleider bewundert und als Chinesin angesehen wurde. Sie wurde Catarina getauft und erhielt eine katholische Erziehung, heiratete einen chinesischen Sklaven, schlief aber nie mit ihm sondern trat in ein Kloster ein. Ihre Frömmigkeit faszinierte Generationen, sie soll gemeinsam mit der Jungfrau Maria spanische Flotten in Hurikanen gerettet und den spanischen Soldaten Kraft im Kampf gegen englische und französische Piraten gegeben haben. Catarina wurde zur Stilikone der Mexikaner. (S. 124)

Mexikanisches Paar vor dem Brunnen mit dem Denkmal der Heiligen Catarina in Puebla (Poblanerias)

Im siebenjährigen Krieg (1756-63 ) konnten die Briten Manila zwei Jahre besetzen (S. 125), das Monopol Spaniens auf seinem spanischen See kam zu einem Ende, der Freihandel begann das merkantilistische System zu ersetzen. Gleichzeitig begann die lokale Mestizen-Elite in Manila, liberale Ideen zu übernehmen und sich für die Unabhängigkeit einzusetzen, direkter Handel zwischen der iberischen Halbinsel und Südostasien trug ab 1802 weiter zum Niedergang des Galeonen-Handels bei, 1825 fuhren die letzen Schiffe auf der Manila-Acapulco-Route.

Pacific Worlds (8) – Piraten und Plünderer

Attacking pirates on the China Coast circa 1820. Hong Kong Maritime Museum (Antiques Trade Gazette)

Entlang der chinesischen Küste, um Borneo, in der Sulu-See und der Strasse von Malakka tummelten sich Marodeure, Kidnapper, Mörder, die lose gesellschaftlich organisiert waren, aber keinerlei politischer Kontrolle unterstanden (kaizoku, wako) (S. 103). Die ursprünglich japanischen Piraten waren bald multinational zusammengesetzt, Mitglieder waren auch Chinesen, Koreaner, Personen aus ganz Südostasien. Neben Plünderungen waren viele auch im Sklavenhandel tätig. Seit den Zeiten von Zheng He gelang es China nicht mehr, seine Küsten wirksam zu schützen; das Verbot mit dem Ausland, speziell Japan Handel zu betreiben bewirkte wenig und bot Portugiesen und Holländern Möglichkeiten für den Zwischenhandel.

Auch die Philippinen als Ausgangspunkt des Galeonen-Handels waren unter Druck der Piraten, Zubringer mit Gewürzen von den Molukken und Lackwaren und Seide aus China waren willkommene Beute.

Taiwan, von den Portugiesen Formosa genannt, der ursprüngliche Ausgangspunkt der austronesischen Völkerwanderung war eine überlappende Zone von Piraten, Schmugglern, Händlern aus China, Japan und Europa. 1630 errichtete die VOC dort Fort Zeelandia, das ein wichtiger Handelsplatz mit Japan wurde, weil der Ming-Hof direkten Handel verboten hatte. Die Holländer begannen die Meerenge zu patrouillieren, aber gegen den mächtigen Clan von Zheng Zhilong hatten sie wenig auszurichten, so dass sie sich schliesslich mit ihm zusammentaten. Aber auch die chinesische Seite koalierte mit ihm und ernannte ihn zum «Patrouillierenden Admiral», so dass die Meere um Taiwan weitgehend unter seiner Kontrolle standen,

Sein Nachfolger Zheng Chenggong (Koxinga), der eine japanische Mutter hatte, blieb beim Machtwechsel zu den Manchus 1644 den Ming treu, besiegte die holländische Kolonie auf Taiwan und versuchte von dort aus, die Ming wieder an die Macht zu bringen. Heute wird er in Festland-China dafür verehrt, Taiwan zu chinesischem Territorium gemacht zu haben, auf Taiwan wird seine Herrschaft als Beweis für die frühe Unabhängigkeit Taiwans angesehen und in Japan bezieht man sich darauf, dass er halb Japaner war – eine Figur mit Hintergrund aus multiplen Welten, wie sie im Pazifik immer wieder vorkommt (S. 109).

Die Übergabe von Fort Zeelandia an Koxikgan, 10. Februar 1662. ( PD, Wikimedia)

Eine berühmte Piratin war auch Cheng I Sao, die sich ruchlos durchsetzte und es verstand, straflos und sehr reich alt zu werden.

Sehr viele Küsten- und Meeresbewohner wie das malaiische «Seevolk» der Orang Laut, lebte damals in ständiger Angst und marodierten im Dienste der lokalen Sultane ebenfalls. Die Holländer, die ständig unter Druck der Söldner des Sultans von Johor waren, sahen ihr Handelsnetz in Gefahr und attackierten die Region vom Meer aus. Thomas Stamford Raffles, der wenig später den Freihafen Singapur gründen sollte, schrieb, dass er sich nicht wundere, dass die unterdrückten Völker entweder apathisch oder zu ruchlosen Plünderern würden (S. 112).

Das Piratenwesen des 18. Jahrhunderts war Teil der damaligen globalen politischen Ökonomie. Es gab Küstenbewohnern die Möglichkeit, aus ihrem traditionellen Leben auszubrechen, gab den Handelmächten wie der VOC die Möglichkeit, noch mehr Zölle einzutreiben um Schutzpatrouillen zu finanzieren und führte dazu, dass – die Nachfrage nach Tee und damit Zucker war stark gestiegen – der Bedarf an Sklaven für die Zuckerrohrplantagen durch Iranunische Kidnapper in der Sulu-See und Mindanao bedient werden konnte.