



Manuela und ich geniessen am frühen Morgen nochmals das Schwimmen, es ist ziemlich anstrengend, gegen die Flut anzuschwimmen, macht aber Appetit für das letzte Frühstück auf Boipeba. Danach folgt ein Reisetag. Mit Boot, Taxi und nochmals Boot zurück nach Salvador. Nach dem Mittagessen in der Pousada fliegen wir dann nach Belo Horizonte im Bundesstaat Minas Gerais.
Ein ziemlich harter Schnitt nach der Insel mit den drei Chalets plötzlich in einer Millionenstadt zu sein. Wir essen in einem vom Tripadvisor empfohlenen Restaurant. Im Einkaufszentrum, in dem das Restaurant liegt, hallt es, viele Jugendliche und junge Erwachsene beginnen hier das Wochenende. Im gleichen Haus befindet sich auch das – natürlich schon geschlossene – Museu Clube da Esquina, das Museum rund um den immer noch bewunderten Zusammenschluss von Musikern rund um Milton Nascimento und Lô Borges. Der Charme Belo Horizontes erschliesst sich uns nicht ohne weiteres und wir gehen früh zurück ins Othon Hotel.
Wir haben für den ganzen Tag ein Boot mit Fahrer gemietet und fahren um die Insel Boipeba. Zuerst schnorcheln wir und freuen uns an den gelb-schwarz gestreiften Fischen, der Unterwasserwelt und den Bikinis. Dann führt uns der Bootsfahrer zu einer Bar, die mitten im Meer auf einer Sandbank steht.Nach dem Mittagessen legen wir in São Francisco an, wo wir zusehen, wie Palmfasern verarbeitet werden. Der Rohstoff wird in Bahia einerseits für Taschen usw., andererseits für Dachbedeckungen verwendet.
Am Abend essen schlendern wir nochmals durch Velha Boipeba, essen Moqueca und bedauern ein wenig, dass wir hier nicht länger Zeit haben.
Unsere Gastgeberin Fernanda hat uns einen Dreitagesausflug auf die Insel Boipeba organisiert. Wir fahren mit der Fähre nach Itaparica, wo alle an der Anlegestelle schon wissen, dass unser Taxifahrer Tide wegen eines Plattfusses verspätet ist, aber sicher gleich kommen werde. Er kommt tatsächlich nach etwa einer halben Stunde. Auf der langen Fahrt über die Insel Itaparica und durch das Recôncavo halten wir in in Maragogipinho an, schlendern dem Fluss entlang besuchen eine Töpferei.
Nachdem unterwegs auch noch ein Hund zugestiegen ist, steigen wir nach einigen Stunden auf ein Schnellboot um, das uns nach Boipeba bringen wird. Auf der rasanten Fahrt machen wir halt, um frische Austern zu schlürfen,
Nach einer weiteren halben Stunde kommen wir in der wunderschön gelegenen Pousada Casinha Amarela an. Die beiden Besitzerinnen, ursprünglich aus Italien ausgewandert, Daria und Cristina (die auch eine sehr gute Fotografin ist) erwarten uns bereits.
Hier scheint es wirklich alles zu geben, an der Feira de São Joaquim. Wir lassen uns durch den bunten Markt treiben, kaufen Hawaiianas, Tonfiguren und Bananen, ein Verkäufer liest uns aus einem selbst geschriebenen Cordel-Büchlein vor, wir freuen uns an den Farben, Formen und Gerüchen.
Gegen Abend schlendern wir durch die Strassen der Baixa dos Sapateiros, früher eine Schuhmacherstrasse, heute vor allem Billigläden – in den Seitenstrassen finden sich nach wie vor kleine Werkstätten wie Möbelschreinereien. Die Baixa dos Sapateiros wurde vor allem durch das Lied von Ary Barroso „Na Baixa do Sapateiro“ berühmt (→ Beschreibung und Text in englisch, → Musikstück (Samba-Jongo) und Text in portugiesisch), es wird auch von Jorge Amado beschrieben.
Nach dem Nachtessen ist wieder Betrieb in den Gassen, wir hören eine Gruppe von Olodum auf dem Largo und ein Konzert auf der Kirchentreppe in Santo Antônio («a escada e nosso»). Alle tanzen in verschiedensten Gruppierungen, balzen, trinken,singen mit oder lassen sich die Haare schneiden beim Coiffeur, der sich ebenfalls auf der Treppe niedergelassen hat. (Bildquelle)
Letzter Tag in Salvador da Bahia. Wir wollen uns noch die Kirche Nosso Senhor do Bonfim ansehen, die dem sterbenden Jesus gewidmet ist. Wir sind beeindruckt über die grosse Anzahl Ex-Votos, mit denen Gläubige für die Rettung aus einer grossen Not danken. Es finden sich Abbildungen von Körperteilen, die geheilt wurden, Fotos,
Dankeschreiben für militärische Beförderungen,
Malereien und Zeichnungen von wundersamen Rettungen. Amados Werkstatt der Wunder, in denen ein solcher Votivmaler vorkommt, kommt mir in den Sinn.
Unsere Pousada do Boqueirão ist sehr geschmackvoll eingerichtet. Überall findet sich Arte Popular. Sklavenfiguren, die sich per Knopfdruck in Bewegung setzen lassen,
bedrückend in ihrer Detailliertheit
Alte Karnevalsplakate, Holz- und Terracotta-Figuren
Da passt das hervorragende Frühstücksbuffet ausgezeichnet dazu.
Nach so viel optischen Eindrücken brauchen wir etwas fürs Ohr und besuchen Cana Brava Records. Der CD-Shop hat eine hervorragende Auswahl von z.T. selbst zusammengestellter Musik aus dem Recôncavo (d.h. dem fünfeckigen Landstreifen um die Bucht Todos os Santos), sein Inhaber betreibt auch die informative Website Salvador Central und die Website Musiccodex, die voller v.a. brasilianischer Musik ist. Wir hören uns Samba an, z.B. von Bule Bule, Afros und Afoxés, Samba Chula, Samba de Roda.
Danach brauchen wir dann etwas für die Kehle und genehmigen uns einen Caipi…
Für den Abend haben wir Billette für das Balé Folclorico da Bahia gekauft. Die Tänzerinnen und Tänzer haben ein Repertoire, das indigene, afrikanische und portugiesische Einflüsse umfasst. Wir sehen Tänze aus dem Pantheon der Orixás, die Kampftänze Capoeira und Maculelé und schliesslich Samba de Roda. Die Körperbeherrschung und Präzision der Artistinnen und Artisten ist sehr beeindruckend. (Capoeira-Bild aus der Pousada do Boqueirão).
Am Largo do Pelourinho befindet sich das Museu da Cidade, das Aspekte der Stadtgeschichte und -kultur darstellt. Im Bild oben die Kleidungen in den Farben der Orixas, blauweiss ist z.B. Iemanjá bzw. Yemayá.
Ausgestellt sind auch viele Cordel-Literatur-Hefte: Pamphlete, Groschenromane, Verherrlichungen von Politikern, Poesie. Auch Antonio de Castro Alves, der sich als Dichter der Romantik auch für die Abschaffung der Sklaverei und für die Republik engagierte, ist mit verschiedenen Exponaten im Museum vertreten.
Gleich im Nebenhaus dann die Fundação Casa de Jorge Amado mit der Darstellung seines Lebens und all seinen Büchern samt Entstehungsperiode und -geschichte. Amado hat Salvador wohl das bleibendste Denkmal gesetzt. Seine Bücher waren auch ein Motivator für diese Reise.
Den Museumstag wollen wir nicht beenden ohne einen Besuch in der Stiftung des berühmtesten Fotografen Salvadors, Pierre Verger, der seine Werke hier einer Stiftung hinterlassen hat. Die Taxifahrt führt uns zuerst aber lediglich zur Stiftung, in der keine Fotos zu sehen sind, erst im zweiten Anlauf finden wir an der Praça da Sé ein kleines Museum. Die Irrfahrt hat sich aber gelohnt, wir haben ein Quartier ausserhalb des historischen Zentrums kennengelernt und die Schwarzweiss-Bilder sind sehr eindrücklich. (Bild Pierre Verger: Quelle)
Einige Fotos befinden sich auch in der Schweizerischen Stiftung für Fotografie, der Dokumentarfilm „Pierre Fatumbi Verger-Um Menssageiro entre dois Mundos“ ist auf Youtube verfügbar.
In der alten medizinischen Fakultät befinden sich das Museu Afro-Brasileiro und das Museu de Arqueologia e Etnologia. Wir sehen eine temporäre Ausstellung über den Tanz Kiebe-Kiebe aus Kongo-Brazzaville. Die Einflüsse bzw. stellenweise die Identität von afrikanischer und afro-brasilianischer Kultur sind im ganzen Museum augenfällig.
In der Hauptausstellung wird einerseits die Geschichte der Sklaverei dokumentiert, andererseits werden die verschiedenen Candomblé-Orixas erklärt und mit Holzschnitzereien dargestellt. Gleichzeitig weden die Orixas in der Gegenwartskunst ins Licht gerückt, hier z.B. Exu, dem die Farben schwarz und rot zugeordnet sind, der Herr der Wege, der ständig in Bewegung ist:
Das Museu de Arqueologia e Etnologia dokumentiert die Geschichte von Stadt und Umgebung, hier werden z.B. die verschiedenen Stammesgebiete, Begräbnisrituale oder die Geschichte des ersten Bischofssitzes dargestellt.