Politik und Grabhügel

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Mit einem Korail-Hochgeschwindigkeitszug und einer Lokalbahn fahre ich am Morgen von Seoul nach Gyeongju im Südosten der Halbinsel. Eine schöne, regenverhangene, bewaldete Hügellandschaft zieht vorbei. Dazwischen Städte und Reisfelder. Die 50 Millionen Einwohner Südkoreas leben zu über 80% in städtischen Gebieten, die meisten davon um Seoul. Die Bevölkerungsdichte ist dort eine der höchsten der Welt. Die Hügel und Wälder, durch die ich jetzt fahre (Südkorea ist zu zwei Drittel seiner Fläche bewaldet) wirken dagegen wohltuend ruhig.

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(Korea Times)
Die Bahnfahrt bringt etwas Zeit, um mich mit den gestrigen Lokalwahlen zu befassen. Während die Gouverneurswahlen keine grossen parteipolitischen Verschiebungen gebracht haben, hat sich bei den Erziehungschefs eine deutliche Verschiebung nach links ergeben. 13 der 17 Erziehungschefs der Provinzen und grossen Städte gehören jetzt eher linksgerichteten Parteien an, die national in der Opposition sind, im Vergleich zu lediglich sechs linken Erziehungschefs vor vier Jahren. Die Kommentatoren gehen davon aus, dass hier einerseits die Sewol-Katastrophe und die zögerliche Reaktion darauf durch die Regierungsparteien, aber auch eine allgemeine Unzufriedenheit mit dem Schulsystem mitgespielt haben. Die Haltung des in Seoul gewählten linken Kandidaten beschreibt die Korea Times folgendermassen:
„During the lead-up to the election, Cho gave three core campaign pledges ― relieving the pain of students preparing for college entrance exams, guaranteeing their safety and health, and eradicating irrationality in education.
‚I will also strengthen education welfare and expand innovative schools,‘ he said.“

Interessant ist, dass in Korea, dass „obsessed with education“ sei, wie die Korea Times meint, Schulthemen auch z.B. bei Wahlen der Stadtpräsidenten eine wesentliche Rolle spielen. Der jetzt wiedergewählte liberale (d.h. eher linke) Stadtpräsident Park (so heissen allerdings sehr viele in Korea) war vor knapp zwei Jahren gewählt worden, nachdem sein konservativer Vorgänger zurückgetreten war, weil er sich gegen kostenlose Schulmittagessen wehrte, aber eine entsprechende Abstimmung verlor. Die Schul-Lunchs waren jetzt wieder Thema im Wahlkampf um das Stadtpräsidium. Die Berichterstattung zeigt einige Probleme der südkoreanischen Politik:
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(Korea Times)

  • Der konservative Herausforderer Chung schleudert mit Dreck (das tun die meisten), d.h. er meint, die Schul-Lunchs seien ohnehin giftig
  • Er ist steinreich, ihm gehört de facto Hyundai Heavy Industries: Die Verflechtungen bis Verfilzungen zwischen Politik und Wirtschaft sind sehr gross, wer Einfluss hat, hat es häufig in Wirtschaft und Politik
  • Gewählt wird nur, wer ein intaktes Familienleben hat. Die Frau hat also den Mann zu unterstützen und nicht im Ausland zu sein. Hier hat das Argument nicht verfangen. In einem anderen Fall (Schulsuperintendent) sackte der Spitzenkandidat aber auf den letzten Platz ab, nachdem seine nach der Scheidung mit der Mutter in den USA lebende Tochter auf Facebook gepostet hatte, er sei kein guter Vater gewesen und könne also auch kein guter Schulsuperintendent sein. (vgl. Korea Times)

Spannend. Ich werde den Präsidenten der mächtigen und jetzt nochmals gestärkten Lehrpersonengewerkschaft ja nächstens treffen.

In Gyeongju suche ich dann in strömendem Regen mein Hotel, weil es dem Taxifahrer nicht weit genug vom Bahnhof entfernt ist und er mich nicht mitnimmt. Die zweitklassigen (aber immer noch genug teuren) Hotels haben leider einen extremen Putzfimmel. Sie gehen mit so starken Putzchemikalien und Sprays hinter die Zimmer, dass ich immer gereizte Augen bekomme. Aber sonst ist es ok. Gyenongju, die alte Hauptstadt war an diesem verlängerten Wochenende praktisch ausgebucht und ich bin zufrieden, dass ich überhaupt etwas gefunden habe.

Gyeongju war fast 1000 Jahre lang die Hauptstadt der Silla-Dynastie und wurde nach dem Untergang der Dynastie dann im 14. Jahrhundert durch Seoul abgelöst. Die Stadt hat also Gräber, Paläste, Tempel aus einer 1000-jährigen Geschichte und ist UNESCO-Weltkulturerbe.
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Im National Museum versuche ich mir einen Überblick zu verschaffen, das tun ein paar hundert andere allerding gleichzeitig auch, so dass es etwas hektisch wird.

Ab 57 v. Chr. begann auf der koreani­schen Halbinsel die Periode der „Drei Königreiche“ Go­guryeo, Baekje und Silla. Während dieser Zeit wurde auch der Buddhismus in Korea eingeführt. China wurde einerseits bekämpft – der Einflussbereich der Drei Königreiche reichte bis weit in die Mandschurei – hatte andererseits aber immer auch einen grossen Einfluss auf Korea. Mit Hilfe der Tang-Dynastie gelang es Silla dann um 660 auch, ganz Korea unter seiner Herrschaft zu vereinigen.
China akzeptierte 735 die Unabhängigkeit Koreas, es begann eine Blütezeit mit regem kulturellem Austausch zwischen China und Korea, Herrschaftssystem und Verwaltung Koreas orientierten sich am absoluten Herrschaftssystem Chinas. Gyeongju war zu dieser Zeit eine der grössten Metropolen Asiens (vgl. Joachim Rau: Reisehandbuch Südkorea, Ostfildern: Dumont 2013, 30ff). Entsprechend majestätisch sind auch die ausgestellten Artefakte, Goldkronen aus den Gräbern, Goldschmuck, sehr kunstvolle Töpfereien, Buddhastatuen.
Aber halt etwas viel Leute.
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Bei den „Tumuli“, den Grabhügeln für die Herrscher aus der Zeit der Drei Königreiche herrscht dann tatsächlich eine fast majestätische Stimmung. Die Tumuli verbinden sich sehr schön mit der Hügellandschaft um sie herum und auch das Regenwetter passt gut.
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