Okayama und Kurashiki

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Am Sonntagmorgen spaziere ich in Okayama durch den grossen Korakuen-Garten, er gilt als einer der drei schönsten Gärten Japans. Im 17. Jahrhundert vom Daimyo (dem lokalen Herrscher) angelegt, ist er seit Ende des 19. Jahrhunderts auch der Öffentlichkeit zugänglich.
Das 1692 erbaute Schloss des Feudalherrschers wurde im 2. Weltkrieg zerstört, danach aber wieder aufgebaut.
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Im Park beobachte ich auch eine mit grossem Ernst durchgeführte Teezeremonie. Auch einen Platz zu kaufen getraue ich mich nicht. Ich wäre krass „underdressed“ und würde durch mein Nichteingeführtsein die Zeremonie stören.
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Anschliessend fahre ich nach Kurashiki, einer Handelsstadt aus der Edo-Zeit, nur 20 Minuten von Okayama entfernt. Die Stadt kam durch die Textilindustrie (maschinelle Stickerei ab Ende 19. Jahrhundert) zu Reichtum. Viele alte Bauten in der Innenstadt sind gut erhalten, man schlendert durch die Gassen, trifft sich an den Kanälen und besucht das Ohara-Museum. Dieses Museum zeigt eine beeindruckenden Sammlung von europäischer und japanischer Moderne, die von der Besitzerfamilie der Textilfabrik gesammelt wurde. Ich staune, als ich hier eine Version von Hodlers Holzhacker und Segantinis Mittag in den Alpen finde. In der Mitte ein japanischer Künstler: Koido Narashige.
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(Bilder PD Wikimedia Commons) In der Mitte ein japanischer Künstler: Koide Narashige
Mehr interessiert mich im Moment aber, was draussen so läuft. Männer und Jungen mit Masken gehen durch die Gassen und stupsen die Leute mit einem Fächer auf den Kopf. Es scheint eine Glückwunschgeste zu sein, man bedankt sich auf alle Fälle dafür. Junge Männer tragen eine riesige Sänfte durch die Gassen und schütteln ihren Kollegen darin tüchtig durch, dazu Trommeln und ein rhythmischer Sprechgesang. Eine junge Frau wird zum Standesamt geführt (so interpretiere ich das wenigstens, ich muss mich noch kundig machen).
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Sehr interessant auch eine Kunsthandwerkmarkt, organisiert als Mitmachmarkt. Es werden nicht nur Töpfereien, Textilien, Holz- und Metallwaren, Schmuck verkauft, an jedem Stand zeigen die Kunsthandwerker Interessierten in Workshops auch, wie man die Gegenstände herstellt. Sehr viele lassen sich darauf ein, töpfern, weben, schnitzen. Auch Kinder werden angeleitet, selbst etwas zu gestalten. Sie sitzen mit ihren Müttern und Vätern in den Workshops, niemand rennt oder tobt herum. Eine ruhige, freundliche Stimmung, die Künstlerinnen und Künstler und das mitmachende Publikum konzentrieren sich aufs Anleiten und Gestalten, alle haben Freude, was dabei entsteht.
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Unterdessen verbeuge ich mich schon auch automatisch, wenn ich mich bedanke. Die Höflichkeit der Schalterangestelten, der Kondukteure, die sich, wenn sie durch den Zug gehen, am Ende jedes Wagens verbeugen, der Leute im Service und beim Putzen, der Polizistinnen und Polizisten, die mich höflich grüssen, wenn ich am Posten vorbei gehe ist wirklich beeindruckend. Man wird nicht abgeputzt, sondern alle sind bemüht, einem zu helfen, einen zu verstehen. Natürlich ist das zu einem Teil Fassade, man muss sich gegen aussen so zeigen. Aber ich habe den Eindruck, es gehe den Leuten besser dabei – besser, als wenn sie ihrer Stimmung freien Lauf lassen könnten.