Mit Aeroflot nach Moskau. Bilder an einen Flug Zürich – Moskau 1978 werden wach, als ich mit einer Flasche Wodka und etwas Kaviar alleine in der ersten Klasse sass, auf die der Zürcher Aeroflot-Stationsleiter für den Sohn seines Swissair-Kollegen bestanden hatte. Wir mussten dann in Sheremetyevo etwa eine Stunde warten, bis eine Treppe verfügbar war, über die wir aussteigen konnten. Zwischenzeitlich wurde die Airline vom Oligarchen Beresowski geplündert, rappelte sich aber wieder auf. Sie fliegt immer noch mit Hammer und Sichel und immer noch mit russischen Flugzeugen, heute eine Sukhoi Superjet RRJ 95B, wobei RRJ für Russian Regional Jet steht.
Wir fliegen in einer recht niedrigen Reiseflughöhe über die Ukraine, durch die ich gerne mit der Bahn gefahren wäre. Aber es ist jetzt nicht die Zeit, um dort Tourist zu sein. Ich habe die Entwicklung über Twitter in den letzten Wochen intensiv verfolgt und die Berichte der direkt Betroffenen sind mir nahe gegangen. Mit dem Interesse an der Ukraine in den letzten Wochen ist auch ihre Geschichte wieder vermehrt erinnert worden. Ich lese bei Timothy Snyder („Bloodlands“), wie Stalin hier in den 30-er Jahren Millionen verhungern liess und wie das Morden nachher mit dem Holocaust unter Hitler im „Reichskommisariat Ukraine“ und den Deportationen wieder unter Stalin weiterging. Schier unerträgliche Berichte.
Beim Landeanflug auf Moskau merkt man, dass es hier Frühling wird.
Die Fahrt in die Stadt dauert dann fast nochmals so lange wie der Flug, obwohl der abendliche Stossverkehr noch gar nicht begonnen hat. Ich lese die Moscow News. Ihrer Meinung nach agiert der Westen völlig falsch und lässt Putin gar keine andere Wahl als die Krim zu annektieren. Dem Druck des Westens nachzugeben, könne er sich innenpolitisch unmöglich leisten. Ich frage mich, wie Ernst der EU die Sanktionsdrohungen sind; die Wirtschaften sind so ineinander verzahnt, BMW hat die Spiele in Sotchi gesponsert, Mercedes ist der offizielle Wagen von Dynamo Moskau, wir heizen mit Gazprom…
Die Kursverluste des Rubels bringen die Moscow News nicht mit Sanktionsdrohungen in Zusammenhang sondern damit, dass viele Reiche ihre Betriebe nach wie vor auswinden und das Geld in den Westen transferieren.
Aber dann bin ich hier. Hotel Budapest, ein schönes altes Hotel, in dem (falls ich die Erinnerungsplakete richtig deute) schon Lenin gewohnt hat und das immer noch etwa so aussieht wie vor 100 Jahren. Fussdistanz zum roten Platz. Schön, wieder hier zu sein.