Long Hua Tempel und Märtyrerpark

Die Nanjing Road, an der ich wohne und der „Bund“, die Promenade am Huangpu-Fluss und ihre Umgebung bilden nach wie vor das Zentrum Shanghais. Auf der anderen Seite des Flusses befindet sich die Sonderwirtschaftszone Pudong mit ihrer charakteristischen Silhouette mit dem Perlenturm.
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Das Wort „Bund“ kommt offenbar aus dem angloindischen. Ich streife etwas durch die Gegend. An der Nanjing-Road und der Promenade stehen sie noch, die alten Kolonialbauten aus der Zeit des International Settlement. Ansonsten wurde Altstadt weitgehend dem Erdboden gleichgemacht. Man hat spät versucht, ein Quartier („Rockbund“ genannt, weil die Firma Rockefeller den Auftrag zur Sanierung bekommen hat) zu retten. Aber auch Stararchitekten wie David Chipperfield können ein Quartier, aus dem die Bewohner ausgesiedelt wurden, nicht zu neuem Leben erwecken. Christies und Prada, Zara und ein Kunstmuseum sind ein schlechter Ersatz für Wohnungen, Werkstätten und Essbuden. Alles wirkt leer.
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Leer wirkt auf mich auch Pudong, obwohl dort alle Einkaufszentren geöffnet sind und viele, viele Chinesinnen und Chinesen im kalten Kunstlicht der überall gleichen Modeläden am Shoppen oder doch mindestens Anprobieren von Kleidern sind. (Gestern habe ich gelesen, wenn jemand aus Shanghai 1000 Dinge besitze, so seien 800 davon Kleider).

Der buddhistische Long Hua Tempel (Wikipedia engl.) im Süden der Stadt strahlt eine würdige, freundliche Ruhe aus. Es hat viele – fast durchwegs jüngere – Gläubige, die ihre Räucherstäbchen anzünden, beten. Ich frage mich, wie diese meist atheistisch erzogenen jungen Leute zum Buddhismus gefunden haben. Die offizielle Sprachregelung ist fast dieselbe, wie sie der deutsche „Schattenblick“ angibt: „Das Streben nach materiellen Gütern und beruflichem Erfolg füllt viele Menschen nicht mehr aus. Auf der Suche nach einem tieferen Sinn suchen sie Antworten in der Religion. Mit ihrer Hinwendung zum Buddhismus besinnen sich die Chinesen auf eine 2.000-jährige Tradition zurück.“ Zur Religion allgemein finden sich bei der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung einige interessante Ausführungen: auch die protestantische und die katholische Kirche erhalten Zulauf.
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In Shanghai, das mit seinem Hafen und den Konzessionen ein grosses Proletariat hatte, wurde 1921 die kommunistische Partei Chinas gegründet. Der Märtyrerpark im Süden der Stadt erinnert an all die Tausenden, die im politischen Kampf bis zur Gründung der Volksrepublik gestorben sind. Die von den Briten 1925 erschossenen Studenten. Die 1927 beim Massaker von Shanghai exekutierten etwa 5000 Kommunisten. (Das organisierte Verbrechen war von Chiang Kai-shek als Handlanger für diese Morde eingesetzt worden, vgl. SWR 2). Die während der Verteidigung gegen Japan und während der japanischen Besatzung Getöteten.
1949 mit der Gründung der Volksrepublik bricht die Geschichte im dem Park angegliederten Museum ab. Das Leiden und Sterben für die Bevölkerung ging aber mit dem „Grossen Sprung nach vorn“ und dann der Kulturrevolution weiter.
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