Hochschulen, Museen, Zöllner

20140323-000244.jpgAm Morgen komme ich an der usbekisch-deutschen Bauakademie vorbei. Eine gewisse Attraktivität, einen Hochschulableger in Usbekistan zu gründen, besteht sicherlich. Das Land hat einen starken Bedarf an gut ausgebildeten jungen Leuten und mir scheint auch ihr Wille, zu lernen, gross zu sein. Die Fremdsprachenkenntnisse vieler Menschen, denen ich begegne sind sehr gut und sie haben Freude sich in Englisch, Französisch und Deutsch zu unterhalten. Das Ganze ist aber ein Seiltanz zwischen Nutzen für die Zivilgesellschaft und Zusammenarbeit mit einem autokratischen Regime. Der Guardian fasst die Problematik (in Bezug auf UK-Universitäten) gut zusammen.

Die Schweiz hat vor allem Zusammenarbeit im Bereich der Berufsbildung gefördert (Länderfactsheet der DEZA (PDF), Infos über das Skills Development Project des DEZA (PDF) und des sdc-employment-income)

Durch die Monumentalbauten im neuen Zentrum finde ich zum Timur-Denkmal und zum bombastischen Timur-Museum. Interessant, wie an den Regierungsgebäuden Zitate (links) der unter Timur erstellten Medresen (rechts) in Samarkand angebracht sind:
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Timur wird als Nationalheld und Identifikationsfigur aufgebaut. Der Besuch des Museums ist für alle Schulklassen obligatorisch und heute am Samstag hat es viele Soldaten und Polizisten, die sich das Museum ansehen. Was hier vor sich geht, ist die Identitätskonstruktion eines noch jungen Landes, vergleichbar mit der Konstruktion der Schweiz mittels Rütlischwur-Mythos im vorletzten Jahrhundert. Jürgen Paul schreibt dazu: „Die Regierungen aller (zentralasiatischen, Ke) Länder unternehmen daher, oft mit Unterstützung der örtlichen Intelligentsja, den Versuch, die ethnischen Identifikationsprozesse durch mehr oder weniger plausible Konstruktionen zu fördern“ (Pos 6709) Diese Ansprüche „sind Mittel eines politischen Konzepts, nämlich der Ethnisierung der regionalen Kultur, der Nationalisierung der Beiträge Zentralasiens zu globalen Kulturen.“ (Pos 6756).20140323-000546.jpg
Die Zeit bis zur Fahrt zum Flughafen verbringe ich dann auf dem Basar. Hier ist mehr Leben als im Museum. Polizisten hat es allerdings auch sehr viele, in Taschkent werden sie von den Einheimischen etwas verächtlich Kakerlaken genannt, es stehen wirklich an jeder Strassenecke mehrere. Interessant zuzuschauen, wie die Bauern ihre Waren direkt ab Lastwagen verkaufen.
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Kanat, der mich gestern am Bahnhof einfach nicht abgeholt hat, weil sein Onkel beerdigt wurde, bringt mir einen usbekischen Cognac als Entschuldigung mit und fährt mich zum Flughafen. Dann brauche ich sämtliche Nerven. Beim Aussteigen aus dem Auto folgt die erste Kontrolle. Pass, Billett zeigen, durch einen Metalldetektorbogen gehen, Gepäck röntgen lassen. Jetzt bin ich auf dem Flughafengelände. Um ins Flughafengebäude zu kommen, folgt Kontrolle Nr. 2: Nochmals dasselbe Prozedere aber verschärfter. Auch sämtliche Hosen- und Jackentaschen leeren. Jacke ausziehen, weil sie einen Reissverschluss hat, Moleskin-Agenda öffnen, Brillenetui öffnen, Portemonnaie öffnen, Handy aus dem Etui nehmen. Jetzt kann ich einchecken und danach bei „Tourists and official delegates“ anstehen. Etwa zwanzig Minuten. Als ich dran bin, habe ich ein Formular zu wenig ausgefüllt, muss aber immerhin nicht nochmals hinten anstehen. Die Leute sind höflich, auch wenn sie sehr genau sind. Als ich wieder dran bin, muss ich detailliert über all mein Geld, das ich ausführen will, Auskunft geben. Das wird mit meiner Eingangsdeklaration verglichen. Mist, dort habe ich vergessen, die Singapore-Dollars, von denen ich noch einige hatte, zu deklarieren. Wenn das nur keine Probleme gibt.
Jetzt werde ich vor das Zimmer 210 zum Anstehen geführt. Dort erwarten mich ein weiterer Zöllner, ein Hündchen und meine aufgegebene Tasche. Mein Gepäck wird völlig ausgeräumt, der Zöllner, der die Tasche durchleuchtet hat, gibt dem Zöllner, der alles auspackt Aufträge, nach was er mich noch fragen soll. Nach den Speicherkarten, den Batterien, dem Geld, ob ich wirklich nichts Verbotenes habe. Schliesslich darf ich wieder einpacken. Das alles spielt sich am Boden ab, links und rechts andere Reisende, die dasselbe Prozedere durchlaufen. Dann wieder zur Vorkontrolle vor der Passkontrolle. Diesmal werde ich ins Zimmer 110 geschickt. Dort muss ich alles Geld ausräumen und ein Zöllner beginnt zu zählen. Zum Glück habe ich so viele Eindollar-Scheine, dass er schliesslich aufgibt und nicht bis zu den Singapore-Dollars vorstösst. Jetzt werde ich zur Passkontrolle vorgelassen, bekomme den Ausreisestempel und gehe Richtung Gate. Aber Stopp, jetzt kommt noch die Sicherheitskontrolle und die ganze Durchleuchterei beginnt von vorne. Als ich das alles überstanden habe und eine Bar sichte, beschliesse ich, meine restlichen Sum (die lokale Währung) in ein Glas usbekischen Wein und ein Sandwich zu investieren. Nur nehmen die nur noch harte Währung, Dollar oder Euros…
Ich verstehe jetzt, warum man mir empfohlen hat, dieses kleine Teilstück zu fliegen. Das alles mitten in der Nacht zwei Mal im Zug durchzumachen wäre dann doch etwas sehr strapazierend gewesen.
Der kurze Flug nach Almaty in Kasachstan in einem halbleeren Airbus verläuft dann problemlos.

Diese Zollerlebnisse musste ich jetzt in die Tastatur hacken (die die Zöllner auch zigmal ansahen und sich fragten, für was ein Tourist eine Tastatur brauche…) Und jetzt nehme ich einen Schluck von Kanats O’zbekistan Alkogol Mahsulotiarini…

Ein Gedanke zu “Hochschulen, Museen, Zöllner

  1. Ha, sowas haben wir letztes Jahr erlebt, als wir mit dem Wohnwagen unterwegs waren und heikle Grenzen überquert haben: von Vancouver nach Seattle….

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