HK Institute of Education während der Proteste

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Am Montagmorgen, 6. Oktober fahre ich an unsere Partnerhochschule, ans Hong Kong Institute of Education (HKIEd). Der Campus in den New Territories ist schön und idyllisch wie eh und je. Die Weigerung der Beijinger Zentralregierung, wirklich freie Wahlen zuzulassen, beschäftigt aber auch die angehenden Lehrerinnnen und Lehrer. Überall gelbe Bänder. Durch den ganzen Hauptkorridor ein langes schwarzes Band mit Botschaften. Transparente.
meinekommen.jpgIch bin gespannt, wie das an der Konferenz am Mittwoch und Donnerstag aussehen wird. Man hat die Konferenz wegen der Occupy-Bewegung zu Gunsten eines Meetings (zu dem lediglich die Teilnehmenden aus der Greater China Region eingeladen sind) um zwei Stunden gekürzt und das Gala Diner in ein normales Abendessen umgewandelt.
Eine Mitarbeiterin des HKIEd erklärt mir die Situation. Einerseits sei das Kollegium uneins, ob z.B. die Teilnahme an einer Demonstration ein Grund sei, zu spät an eine Lehrveranstaltung zu kommen oder gar zu fehlen. Man lasse das den Dozierenden frei, es werde aber heftig diskutiert. Solche Aushänge zeugen von den Diskussionen unter den Dozierenden.
Einig ist man sich, dass Studierende nur individuell, nicht als HKIEd-Gruppen an Protestversammlungen teilnehmen sollen.
HKIEd-Dozierende erzählen auch, dass sie momentan bei Einladungen, Familienfeiern usw. keine einfache Zeit haben. Sie werden von der älteren Generation häufig auf die Demonstrationen angesprochen und bekommen Vorwürfe zu hören, dass sie die Lehrpersonen wohl falsch ausgebildet hätten. Lehrerinnen und Lehrer hätten eine „Protestgeneration“ herangezüchtet, die zu wenig Respekt habe. Ich frage nach, wie sie solchen Vorwürfen begegneten. Sie argumentieren, dass das Gegenteil der Fall sei, die bei der Bewegung aktiven Mittelschülerinnen und -schüler und Studierenden könnten kritisch denken, partizipieren, ausgezeichnet argumentieren, sie seien höflich und äussert friedlich. Aber viele über 40-jährige sehen das nicht so, sie schätzen den „zivilen Ungehorsam“ als verheerend ein, haben Angst, Hong Kong verliere weitere Privilegien und Wohlstand. „The worst are the professors“, habe ich in einem Tweet gelesen.
crying2.jpgDie Proteste spalten aber nicht nur die Generationen, sie spalten viele Teilnehmende auch innerlich. Das konfuzianische Gedankengut, die Pflicht, den Ältern und vor allem den Eltern gegenüber respektvoll und gehorsam zu sein, ist tief verankert. Zu demonstrieren stürzt viele Junge auch im recht liberalen und offenen Hong Kong in einen Loyalitätskonflikt. Das Transparent „My parents are crying for me – I am crying for the future“, das ich gestern fotografiert habe, zeigt dieses Dilemma gut auf.
Etwas Erfahrung mit Konflikten hat man am HKIEd und den Schulen. In den letzten zwei Jahren hat man sich erfolgreich gegen die Einführung von „National Education“, d.h. Patriotismusunterricht nach festlandchinesischem Muster zur Wehr gesetzt. China hat schliesslich nachgegeben, wenn auch der der Druck, die Schule müsse „patriotischer “ zu werden, nach wie vor vorhanden ist.

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