Eine Erbschaft für Bildung und Erziehung

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Ich miete ein Velo und fahre zuerst zu den Behausungen des „Gyeongju Choe Family Clan“. Ich verstehe nicht alles und reime mir folgendes zusammen: Der Familienname „Choe“ wurde als Ehrentitel vergeben und geht bis auf einen der sechs Stämme zurück, die dann das Königreich Sillah bildeten. Aus dem Gyeongju-Zweig dieser Familie bildeten sich insgesamt 27 Clans, viele ihrer Mitglieder trugen zum Gedeihen der Gesellschaft bei: der „Vater der koreanischen Literatur“, Generale, Erneuerer der Landwirtschaft, viele konfuzianische Gelehrte und in der 12. Generation Choe Jon, eine wichtige Figur im Widerstand gegen die Japaner. Er starb 1970 und vermachte sein Vermögen der Erziehung: He „had a forward-looking vision of modernizing Korea. He realized the importance of education and insisted on educating young students to be good leaders of modernizing Korea.“ Zwei Colleges, die heute die Yeongnam University hier in Gyeongsan bilden, wurden mit dem Vermögen Choe Jons finanziert. „Gyeongju Choe familiy has shown a good example of truly-rich men of Korea by contributing all of their wealth, that was inherited from their ancestors for the purpose of educating young students to help Korea fulfill the vision of modernization“. Das steht in der Broschüre, die mir ein Mitarbeiter der Yeongnam University auftreibt. Er ist sichtbar stolz auf die Choe-Familie. Ja, dieses Dorf gehöre – entsprechend dem Vermächtnis von Choe Jon – auch der Universität. Diejenigen, die nichts geerbt hätten „not a penny“, seien schon sehr enttäuscht gewesen, aber es sei doch ein enorm gutes Beispiel, der Gesellschaft den Reichtum zurückzugeben.
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Die alten Häuser stehen genau am richtigen Ort. Fluss vor sich, Berg im Rücken. Die auf konfuzianische Prinzipien zurückgehenden Leitsätze der Familie sind überall angeschlagen.
„Obsessed with Education“ stand gestern in der Korea Times. Ich erinnere mich daran, als ich mir dieses Dorf ansehe und ich denke es wieder, als ich am beginnenden Verkehrskollaps rund um das National Museum vorbeiradle. Auto an Auto wartet hier vor dem schon vollen Parkplatz, in jedem Eltern mit ihren Kindern, die sich dieses Museum und die Königsgräber ansehen wollen. Es ist kein Verkehrshaus wohlverstanden und keine Vergnügungspark, sondern einfach ein gut gemachtes Museum über die Geschichte und die Kultur Koreas.
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Aber Leute hat es jetzt definitiv zu viel, die Stadt ist völlig verstopft. Ich fahre Richtung Namsan-Berg, dort ist es schön ruhig.
Vor einem Königsgrab weit in den Hügeln sitzt ein anderer Mountainbiker und studiert aufmerksam eine Broschüre. Er komme von hier „and I am learning about our culture“ meint er. Das Wort „lernen“ wird hier – mindestens in der englischen Übersetzung – häufiger gebraucht als wir es brauchen. Auch „lehren“. Gestern meinte der Motelbesitzer: I will teach you about our motel and our town und zeigte mir dann, wie Licht, Airconditioning und Fernseher funktionieren und welche Sehenswürdigkeiten ich mir unbedingt ansehen müsse.
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Gegen Abend arbeite ich noch an meinem Paper für Gwangju und lasse danach in einem koreanischen Restaurant das Reis anbrennen, weil ich es zu früh in die auf dem Tisch mit einem Gasbrenner beheizte Pfanne mit den Hühnerinnereien gebe. Die Angestellten holen aber sofort ein neues Set und zeigen mir, wie das Ganze angerichtet werden muss.
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