MOOCeara – ein verspätetes Geschäftsmodell

Ich hab’s wieder nicht geschafft, Schritt zu halten mit dem mmc13-Programm. Als der Wochenrückblick eintrudelt, merke ich, dass es jetzt wohl zu spät ist für ein Geschäftsmodell. Ich schreibe trotzdem ein paar Gedanken auf; auch um einige Ideen in meinem Kopf mal irgendwo festzuhalten.

Hippies und Realist/innen?

Beim Lesen des Wochenrückblicks von Andrea Brücken fällt mir die Unterscheidung zwischen «erfahrbaren Realitäten» und «moralisch ehrenwertem Engagement» auf. Anja Lorenz kommentiert dann u.a., dass sie – zugegebenermassen überspitzt – beim Hangout den Gedanken «alles Hippies» hatte.

Unabhängig davon hatte ich den Hippie-Gedanken als ich die Impulsbeiträge über die Coursera-Geschäftsmodelle las. Die ersten cMOOCs wären dann so etwas wie das Goa der 1970-er Jahre gewesen, das dann aber bald von der Reiseindustrie entdeckt wurde. Diese stellte riesige Hotelkästen (profitorientierte x- und andere MOOCs) an die ehemals zauberhaften Strände. Das Bild greift aber wohl etwas zu kurz…

MOOCs in die BRICs

Ich merke aber, dass ich – wohl auch wegen des M für «massive» im Begriff MOOC – eigentlich ganz andere Zielgruppen im Auge habe. Zielgruppen, die wenig Zugang zu Bildung und die deshalb auch ökonomisch wenig Chancen haben. Deshalb scheinen mir die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China), aber auch Afrika ein ideales Einsatzgebiet für MOOCs zu sein. «Massive» ist dort wirklich gefragt und auch bitter nötig. Die bisher einzige Schweizer Uni, die bei Coursera mitmacht, die EPFL (ETH Lausanne) setzt nicht von ungefähr auf das Format MOOC, sie sieht Chancen, damit den afrikanischen Markt zu erschliessen. Es wird ihr dabei nicht um Profit, wohl aber um den «war for talents» gehen.

Vorgeschichte zu meinem Geschäftsmodell

Ich hatte letzten Herbst Gelegenheit, verschiedene Bildungsinstitutionen in Brasilien zu besuchen. Das Land ist einerseits enorm im Aufbruch, die Jugendlichen wollen alle etwas erreichen, am liebsten einen Hochschulabschluss, sie sind bereit, dafür hart zu arbeiten. Auf der anderen Seite ist es sehr schwierig, die Aufnahmeprüfung in eine der guten staatlichen Hochschulen zu bestehen – wer nicht eine teure Privatschule besucht hat, hat wenig Chancen, die Aufnahmeprüfung, das „Vestibular“ zu bestehen. Weil die meisten dieser Jugendlichen sich eine private Hochschule (Privathochschulen machen etwa 80% des Hochschulangebotes aus) nicht leisten können, werden viele von ihnen nicht Gelegenheit haben, zum Aufschwung des Landes beizurtragen und von ihm zu profitieren, sie werden sich weiterhin in der informellen Wirtschaft mit Teilzeitjobs durchschlagen müssen.

Die Regierung ist sich dessen bewusst,  es wird z.B. viel investiert in «Digital Inclusion Centers». In jeder Provinzstadt sollen die Einwohnerinnen und Einwohner Zugang zum Internet erhalten und mit Hilfe der Kommunikationstechnologien Projekte aufziehen, um Lebensstandard und Lebensqualität in den betreffenden Kommunen zu verbessern. Im Gliedstaat Ceará (im Norden Brasiliens, nahe am Äquator gelegen) ist eine beeindruckende Dichte solcher Centers entstanden oder im Entstehen begriffen:

 

Hier möchte ich anknüpfen mit meinem

Geschäftsmodell «MOOCeará»

Ziel: In Form von MOOCs werden verschiedenste Kurse angeboten, die sonst nur in Hochschulen besucht werden können. Es ist möglich, diese Kurse einfach gratis zu belegen oder sich die Teilnahme durch das Absolvieren von Prüfungen (Portfolios o.ä.) mit einem Zertifikat bestätigen zu lassen. Diese Zertifikate sollen Zugang zu Beschäftigungen ermöglichen, für die sonst Hochschulabsolventen angestellt werden.

Partnerschaften müssten mit der Organisation, die die Digital Inclusion Centers betreibt, einer Hochschule mit digitalem und didaktischem Sachverstand, die auch Lehrpersonen ausbildet, einer NPO oder Stiftung, Staat und Gliedstaat eingegangen werden. Evtl. könnte die Gründung einer gemeinsamen Fernhochschule ins Auge gefasst werden.

Aktivitäten: Verschiedene Kurse (zu starten wären mit einigen Pilotkursen) müssen entwickelt und durchgeführt, die Betreuung und die Prüfungen (Portfolio, Verifizierung durch Präsenzkolloquien o.ä.) ebenfalls organisiert und durchgeführt werden.

Ressourcen: Als Produzenten und Facilitators kommen Dozierende bzw. Fachlehrpersonen in Frage, die ausgewählt und angestellt werden müssen. Da der Grossteil des Personals an den privaten Hochschulen lediglich im Stundenlohn angestellt ist, ist hier ein Markt vorhanden, gute Leute können ausgewählt werden.  Ergänzt werden sollte das Personal durch Studierende im Lehramt, die sich durch ein solches längeres Praktikum eine zusätzliche Befähigung (als Ferncoach o.ä.) erwerben könnten. Damit kann hoffentlich ein Lawineneffekt erreicht werden, die so ausgebildeten Lehrpersonen werden eigene MOOCs entwickeln und ermöglichen. Damit das klappt, muss eine gute Weiterbildung und Betreuung der Dozierenden und Studierenden sichergestellt werden.

Beziehungen zu den Teilnehmenden: Die Lerninhalte sind für alle frei verfügbar im Netz, Betreuung durch die Community, d.h. die Mitstudierenden und die Facilitators. Weil Internet in vielen Haushalten nicht vorhanden ist, muss der Zugang via die Digital Inclusion Centers sichergestellt werden.

Kanäle sind also das Web und die Digital Inclusion Centers.

Teilnehmende: wie beschrieben die bildungshungrigen, aber unterprivilegierten Jugendlichen und Erwachsenen, die es nicht an eine staatliche Hochschule schaffen und die sich eine private nicht leisten können. Sie alle müssen solche MOOCs teilzeitlich absolvieren können, da sie zum Familieneinkommen beitragen müssen. Wegen der freien Verfügbarkeit können natürlich auch andere Anbieter von den Inhalten profitieren.

Die Kosten für Entwicklung Produktion, Beratung, Infrastruktur, Personal wären wohl beträchtlich, ich würde ganz grob für das erste Betriebsjahr eine Zahl im oberen sechsstelligen Eurobereich schätzen. Je mehr Geld, je mehr MOOCs. Durch zahlenmässig wenige Pilot-MOOCs könnten die Kosten zu Beginn natürlich auch tiefer gehalten werden. Volkswirtschaftlich gesehen geht die Rechnung sicherlich auf. Brasilien kommt in einen Fachleute-Engpass, wenn es sich weiterhin leistet, nur verhältnismässig wenigen den Zugang zu guter höherer Bildung zu ermöglichen.

Finanzierung: Ich kann mir vorstellen, dass Gliedstaat und Staat von der Projektidee überzeugt werden könnten. Durch die Arbeit von Praktikant/innen (die durch eine gute Betreuung und ein Zertifikat als Ferncoach ebenfalls einen Mehrwert haben) könnten Kosten gesenkt werden. Möglich – und wohl schneller als der Weg über die staatlichen Instanzen – wäre auch, Stiftungen für das Vorhaben zu begeistern. Brasilianische Unternehmen übernehmen traditionell auch Aufgaben für die Gesellschaft (Kultur, Sport, medizinische Betreuung usw.) und sie führen einen Teil ihrer Gewinne aus Gründen der Steueroptimierung häufig in Stiftungen ab. Es wäre also durchaus denkbar, die nötigen Finanzen via eine solche Stiftung aufzutreiben. Stiftung und Stiftung finanzierende Unternehmung hätten – neben der Steuerersparnis – auch einen Reputationsgewinn.

Ich habe diese Idee einfach mal entwickelt, weil ich das Potenzial von MOOCs gerade in solchen Ländern als hoch einschätze. Wichtig scheint mir, dass das Ganze im Land entwickelt und durchgeführt wird. Wenn die jeweilige Lernkultur und Lebensweise nicht berücksichtigt wird, erreicht man wieder nur eine Bildungselite.

Falls sich so etwas verwirklichen lässt, seid ihr alle herzlich zu einem Caipirinha eingeladen… 😉

 

Gedanken zu „open“

Ich hinke dem aktuellen Wochenthema mehr als eine Woche hinterher… Trotzdem hier noch einige Gedanken zu «open».

Freier Zugang zur Bildung

Fahne der ersten zürcherischen Lehrerbildungsstätte, nach 1832. Wir verwenden heute andere Begrifflichkeiten – der Zugang zu Bildung für alle ist aber genauso wichtig geblieben

Freier Zugang zur Bildung ist ein Postulat der Aufklärung, das durch die ganze Diskussion um Open Access, Open Educational Ressources usw. wieder neuen Schwung bekommen hat.

Die dritte MOOC-Woche hat mir geholfen, meine Meinung zu Open Educational Ressources (OER) und CC-Lizenzen zu festigen. Mindestens was mit öffentlichen Geldern geschaffen wurde, sollte auch öffentlich zugänglich und verwendbar sein. Die verschiedenen Abstufungen der CC-Lizenzen helfen dabei, dass der Grad der Weiterverwendbarkeit kontrolliert werden kann. Dass jemand, der selbständig erwerbstätig ist, nicht all das Erarbeitete einfach frei zugänglich ins Netz stellen kann, leuchtet dabei ebenso ein.

Auch ausserhalb des kommerziellen Sektors wird es, immer wenn es um Persönlichkeitsschutz geht, nach wie vor Educational Ressources geben, die nicht frei zugänglich sind. Wir arbeiten in der Lehrpersonenbildung z.B. viel mit Clips von Schülerinnen und Schüler, deren Eltern lediglich das Einverständnis für eine eingeschränkte Nutzung im Rahmen der Ausbildung in einem LMS gegeben haben.

Bildung und Berechtigungen

Bildung ist häufig mit Berechtigungen verknüpft. Berechtigungen, einen gewissen Beruf ausüben, sich für eine bestimmte Stelle bewerben zu können zum Beispiel. Damit nicht nur der Zugang zu Bildung frei ist, sondern auch Bestätigungen, dass man über diese Bildung verfügt und entsprechende Berechtigungen erworben werden können, müssen die Gebühren für Prüfungen, Zertifizierungen usw. in einem finanziell vertretbaren Rahmen gehalten werden. Es nützt mir nichts, wenn ich mir viel Wissen und Können im Selbststudium und mit der Unterstützung von Communities erworben habe, aber dann die finanziellen Mittel nicht habe, um ein entsprechendes Examen abzulegen, mit dem meine Fähigkeiten zertifiziert werden. Vor allem in Ländern mit grossen Einkommens- und Bildungsunterschieden dürfte für viele das Geld, das für eine Zertifizierung, ein Examen usw. aufgebracht werden muss, ein grosses Problem sein. «Open» muss auch der Zugang zu Prüfungen sein.

Sich Lernziele setzen kann man nicht einfach

MOOCs können diesen freien Zugang erschweren, wenn sie sie das „jeder setzt sich seine Lernziele selbst“ zu sehr in den Vordergrund stellen. Sich in einer ungewohnten Lernumgebung wie einem MOOC zurechtzufinden, sich selbst realistische Lernziele zu setzen, verlangt ausgeprägte Lernstrategien. Diese müssen – je nach Lernstand von Teilnehmenden – zuerst aktualisiert werden. Eine Einführung in diese besondere MOOC-Form des selbstgesteuerten Lernens (z.B. durch eine «cognitive apprenticeship», einen vorgängigen Mini-MOOC usw.) könnte deshalb zum „open“ beitragen.

Digital Citizenship

Anlässlich der Abschiedsvorlesung von Heinz Moser hatte ich einige Quotes getwittert, u.a. auch, dass die Lehrpersonenbildung auf Digital Citizenship  vorbereiten solle. Mein Kollege vom Institut Unterstrass hat diese Forderung nun in einen Gegensatz zu einem Leserbrief gestellt, in dem offenbar eine Schule der 50-er Jahre gefordert wird.

Ausgehend von den Idealen der Aufklärung, von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit gehe ich wie die bildungstheoretische Didaktik Wolfgang Klafkis von „Selbstbestimmungsfähigkeit“, „Mitbestimmungsfähigkeit“, „Solidaritätsfähigkeit“ als Bildungszielen aus.

Das Internet gehört zu unseren Lebenswelten. Es ist wichtig und für das Lernen heute unabdingbar, kompetent mit ihm umgehen, selbst darüber bestimmen zu können, wie man es nutzt. Seit Web 2.0 bietet es verschiedenste Partizipationsmöglichkeiten, die sich noch erweitern werden und die Einfluss auf das Funktionieren der Demokratie haben. Schliesslich ermöglicht das Netz Informationen und Interaktionen, die zu mehr Mitmenschlichkeit, mehr Solidarität, aber auch Mobbing, Manipulation und Mitläufertum führen können.

Es ist deshalb m.E. unabdingbar, dass Kinder und Jugendliche auch „Digital Citizens“ werden, dass sie lernen, sich verantwortungsbewusst und ethisch im Web zu bewegen, daran und damit zu partizipieren. Wie sie das Internet nutzen, kann für sie und andere wegen der grossen Reichweite weitreichendere Konsequenzen haben als ihr Verhalten auf dem Pausenplatz.

 

Das Skalpell kann mörderisch sein…

Letzte Woche habe ich einen Vortrag von Bernard Schneuwly gehört. Auf einer seiner Folien stand:

  • Damit «Didaktisches» entsteht, muss gesellschaftlich Zeit und Personen für Vermittlung freigesetzt werden
  • Wissen wird demnach nicht im Rahmen seines Gebrauchs vermittelt, sondern ausserhalb seines üblichen Verwendungskontextes, der unweigerlich Fehler sanktionieren würde –das Skalpell kann mörderisch sein…

Das ist wahrscheinlich ein Problem mit der Didaktik von MOOCs. Der Lernprozess geschieht öffentlich, es fehlt das geschützte Umfeld, in dem auch Fehler gemacht werden dürfen. Das Skalpell wird so quasi nicht zuerst in einem geschützten Raum an einer Puppe angesetzt. Wie man operieren lernt, ist im Internet sofort für alle einsehbar. Das kann in Zeiten, in denen man routinemässig Google und Twitter auch braucht, um Stellenbewerbende zu durchleuchten, auch ein Nachteil sein. Will ich denn, dass ein potenzieller Arbeitgeber sieht, wie ich mich noch ziemlich unsicher in einem neuen Feld bewege, vermutlich manchmal nicht allzu stringente Gedankengänge habe und mich in einer Diskussion (zu?) weit exponiere. Der geschützte Raum, den ein LMS oder ein Kurszimmer bieten kann, fehlt zu Gunsten der Offenheit. Das kann dazu führen, dass unausgegorene Ideen, die ja gerade das Salz in der Suppe bei der gemeinsamen Wissensgenerierung ausmachen, gar nicht veröffentlicht werden.

Das kann ein Übergangsproblem sein, bis sich alle googelnden Personalchefs bewusst sind, wie die Mitwirkung in solchen Kursen und Communities einzustufen ist, momentan ist es aber m.E. ein nicht zu unterschätzendes.

Didaktik der Autodidaktik

Der Beitrag von Lisa Rosa «Didaktik der Autodidaktik» ist ein Highlight. Ja genau, solche Persönlichen Lernumgebungen und Lernnetzwerke (PLN) braucht es, um lebenslang selbststeuernd zu lernen und zu arbeiten. «Für Lehramtstudierende, jene also, die Anderen, Jüngeren, das Lernen Lernen “beibringen” sollen, gehören Aufbau, Nutzung und Pflege einer PLN zur Grundaufgabe» schreibt sie. Dieser Blogbeitrag macht das sehr einsichtig, ich nehme mir vor, auf ihn hinzuweisen.

Didaktische Pyramide

Ich versuche, mit Hilfe der «didaktischen Pyramide» (vgl. Bergamin, Brunner-Amacker 2007, zit in scil Arbeitsbericht 18) die verschiedenen Aspekte der Didaktik etwas zu systematisieren.

Durchführungsteam – Ziele / Inhalte

Die Lernenden treffen die wesentlichen Entscheidungen, ob, wozu, was, wann und wie gelernt werden soll, selbst (Weinert 1982, 102, nach Faulstich 2002: PDF). Trotzdem wird es für das Vorbereitungsteam nötig sein, eine Bandbreite von Zielen vorzugeben und die Inhalte, die zur Erreichung dieser Ziele führen können, so zu durchdringen, dass sie den Teilnehmenden als erstes Gerüst dienen können.

Mit dem Titel MOOC-Maker-Course ist ein wesentliches Ziel vorgegeben, mit dem Bereitstellen von Impulsbeiträgen, Lektüren der Woche usw. hat das MMC13-Team Inhalte bereitgestellt, eine Lernumgebung geschaffen, in der sich die Teilnehmenden dann selbstverantwortlich bewegen können.

Teilnehmende – Ziele / Inhalte

Die Teilnehmenden legen ihre Ziele fest, wählen die Inhalte selbst aus und vor allem: sie erweitern die Inhalte durch ihr aktives Mitarbeiten ständig und tragen damit wesentlich zum Gelingen des Kurses bei.

Durchführungsteam – Teilnehmende

Die Top 10 Tipps und die 23 Rollen von Downes oder auch die Strukturierung der kollaborativen Aufgabe zeigen auf, was von einem Durchführungsteam alles erwartet wird. Wichtig ist: es muss sich um ein Team handeln. Alleine ist das vom Arbeitsaufwand her unmöglich zu bewältigen, man kann auch nicht so viele Rollen gleichzeitig einnehmen und man braucht auch psychohygienisch ein gutes Team – Durchhänger, Misslingendes, technische Pannen usw. wird es immer geben, da ist es gut, nicht alleine zu sein.

Das Durchführungsteam lässt sich zwischenhinein gut auch durch Teilnehmende ergänzen.

Teilnehmende – Communities

Wenn auch allenfalls nur als Zuschauer, ist jede teilnehmende Person auch Mitglied von Communities. Diese Vernetzung von Teilnehmenden untereinander, der gegenseitige Austausch, das sich anregen und mitreissen lassen, ist ein wesentliches Kennzeichen von MOOCs. Downes zit. von Stragies: «Learning, in other words, occurs in communities, where the practice of learning is the participation in the community. A learning activity is, in essence, a conversation undertaken between the learner and other members of the community.»

Die Communities sind dabei volatil, sie entstehen, setzen sich wieder neu zusammen und vernetzen sich untereinander. Communities sind von Heterogenität geprägt (Siemens, zit. von Stragies: «In a MOOC, learners possess different levels of knowledge. We fill each other’s knowledge gaps in MOOCs».

Durchführungsteam – Communities

Dazu eine Aussage von Downes auf seiner Präsentation in slideshare:

  • «Students need to be able to look to prototypes on which to model their own work
  • The instructor therefore is required to take an active role in the disciplinary or professional community, demonstrating tactics and techniques, and modeling the approach, language and world view of a successful practitioner»

Man sollte als Kursermöglicher/in eine aktive Rolle in einer Community spielen, dort wird neues Wissen generiert, werden Erkenntnisse gewonnen. Beim Zuschauen lernen die Teilnehmenden, wie sie selbst auch vorgehen könnten.

Nebenbei: Bei dieser Folie ist mir aufgegangen, warum ich manchmal das Gefühl habe, Downes habe etwas Guru-haftes.: «modeling (…) the world view of a successful practitioner». Da läuten ein paar Alarmglocken, wenn jemand meine Weltsicht modellieren will.

Communities – Ziele / Inhalte

Weil in den Communities ständig Neues entsteht, verändern sich auch die Inhalte. Man profitiert von bereitgestellten Inhalten, ergänzt und erneuert sie. So können sich schliesslich auch die Ziele ändern.

Weitere Notizen zur ersten Woche

Etwas spät komme ich dazu, die Notizen, die ich mir unter der Woche in ein Evernote-Notizbuch notiere durchzusehen und einiges davon im Blog zu veröffentlichen:

Konnektivismus

Ich versuche, mich punkto Konnektivismus schlau zu machen. Die Quellen die Claudia Bremer angibt, sind dabei sehr hilfreich. So ganz zu überzeugen vermag mich der Konnektivismus als Theorie nicht. Ich tendiere zur Ansicht, dass er allenfalls ein um die digitale Komponente erweiterter Konstruktivismus sei, aber keine Lerntheorie. „Logically speaking, connectivism ought not to be considered a learning theory: it currently lacks the capacity to explain what constitutes learning (…)”, wie es M.C. Wade (2012) darstellt. Das schmälert den Verdienst von Siemens und Downes nicht. Ich vermute allerdings, dass sich der MOOC-Hype mehr und mehr vom Konnektivismus entfernen wird: der ist dann doch etwas zu kompliziert, um massiven und offenen Lernumgebungen dauerhaft Pate zu stehen. Ich vermute, dass es einfach „distributed knowledge“ (Wikipedia) sein wird, auf das sich zukünftige cMOOCs abstützen.

Huge problems for the rest

Ein Artikel aus dem «Economist» kommt mir (in die Hände kann man ja nicht mehr sagen) unter die Maus: Titel: «Learning New Lessons – Online courses are transforming higher education, creating new opportunities for the best and huge problems for the rest.» Gemeint ist, dass mediokre Hochschulen ganz schön unter Druck kommen durch das Angebot von xMOOCs von Top-Universitäten. Sebastian Thrun von Udacity ist der Meinung, dass es in 50 Jahren weltweit nur noch 10 Universitäten geben wird.

Ein Blog der London School of Economics sieht das anders: Betitelt ist der Eintrag mit «After the gold rush: MOOCs are augmenting rather than replacing formal educational models»

Eine Aussage die mir auffällt: «But connectivism in particular is a step too far for most learners – particularly less experienced learners – who fail without the scaffolding provided by traditional degree structures and support» Ich sehe das auch so, gerade der Elite-Anspruch, den manche MOOC-Maker haben, deutet darauf hin, dass es die traditionellen Institutionen, die Lernunterstützung und eine Struktur geben, nach wie vor braucht. MOOCs werden sich zu einem weiteren– und vermutlich wichtigen – Bildungsangebot entwickeln, sie werden die anderen Angebote eher ergänzen als verdrängen. Wenn sie dabei schlechte traditionelle Bildungsangebote verdrängen und helfen, die exorbitanten Studienkosten in vielen angelsächsischen Ländern zu senken, ist das auch gut.

Mit seiner Aufmerksamkeit sorgfältig umgehen

Schwierig, den Überblick zu behalten, was im Kurs so läuft. Mein Blog dient mir als eine Art Lernjournal, ich schreibe auf, worüber ich mir gerade Gedanken mache. Für jemanden, der sich schon länger mit der Thematik befasst, ist das wohl kalter Kaffee oder schlicht falsch. Für Mitlernende, die einen ähnlichen Lernstand haben wie ich, mögen meine Gedanken von Interesse sein. Teilnehmende und Veranstalter, die mehr Erfahrungen und einen besseren Überblick haben, können mir Anregungen geben, mich beim Weiterlernen unterstützen. Aber wie finden wir heraus, welche Blogeinträge, Diskussionen auf Google + usw. nun für das Erreichen der jeweils selbst gesetzten Lernziele die richtigen sind. Ich versuche, mit diesem «information overflow» umzugehen, in dem ich ein oberflächliches Screening mache, wo es sich lohnt, länger zu verweilen. Bei den ausgewählten Beiträgen muss ich meine Aufmerksamkeit ziemlich bündeln, darauf achten, dass ich nicht jeden Link auch noch anklicke und vom Lernweg abdrifte.

In der Beilage zur «Wochenzeitung» über «mobile learning» (2012) finde ich dazu einen Vergleich von Eduard Kaeser mit einem Weinkenner:

«Deshalb bedeutet Lernen heute zuallererst: lernen, mit seiner Aufmerksamkeit sorgfältig zu hantieren; im immensen Angebot des Netzes sich sein eigenes Urteil bilden können; sich zum Connaisseur von Information entwickeln.

Wenn der Vergleich vielleicht auch etwas weit hergeholt erscheint: Der Connaisseur französischer Weine ist nicht die Person, die sich durch möglichst viele Flaschen vom Norden bis zum Süden Frankreichs getrunken hat, sondern jene, die im riesigen Angebot der Chateaux, Terroirs, Rebsorten und Appellationen eine Ordnung herzustellen gelernt hat, die ihr etwas sagt. Ihre Informationen über den Wein sind in ihr selber angelagert . Sie hat etwas über Wein an sich selbst erfahren. Und gerade das macht ihr Expertenturn aus, die Fähigkeit, andere etwas zu lehren. Und vor allem: Sie verantwortet ihr Wissen. Diese Verantwortung und Glaubwürdigkeit des Wissens spielt auch im Web 2.0 eine zentrale Rolle. Sie sind der Goldstandard des Lehrens und Lernens.»

 

Anregungen vom ersten Hangout

Interessiert verfolge ich auf YouTube das erste „Hangout“ des MMC13. Ein paar Anregungen, die ich mitnehme:

Wiederverwendung von Inhalten

Es wird diskutiert, ob man Inhalte eines MOOCs in einem anderen wiederverwenden könne. Während die verschiedenen Blogs mit Literaturangaben, Zusammenfassungen, neuen Erkenntnissen usw. auch längerfristig noch zur Verfügung stehen, überdauern Edupads, Tweets usw. nicht. Sie können natürlich archiviert werden. Aber auch wenn man das Gespräch in den Korridoren nach einer Lernveranstaltung aufnähme: man hörte es sich kaum nochmals an.

Meine Haltung: Natürlich kann man Content wiederverwenden, so wie man auf das ganze Netz zurückgreifen kann.  Je «x» ein MOOC ist, desto stärker wird man wohl darauf zurückgreifen, je «c» er ist, desto eher steht der Inhalt eines früheren Kurses einfach als Steinbruch noch zur Verfügung. Ich gehe hier mit Johannes Moskaliuk einig: Um weiter zu kommen, muss man nicht immer alles neu erfinden, das wäre auch m.E. zu radikal-konstruktivistisch.

Die Durchlässigkeit zwischen MOOCs kann synchron oder asynchron sein. Asynchron ist sie, wenn man nachschaut, was die Vorgängerinnen und Vorgänger so gelernt haben, welche Erkenntnisse sie gewonnen haben. Darauf lassen sich neue Erkenntnisse aufbauen.

Rollen

Neben den Gastgebern, können auch weitere Rollen (Paten, Impulsgeber, Reflektorinnen usw.)  zu einem MOOC gehören. Einverstanden bin ich auch damit, dass das Gastgeberteam nicht für das Lernergebnis der Teilnehmenden verantwortlich ist. Lernanlässe zu schaffen, Impulse zu geben, die Grossgruppe zu moderieren, gehört aber schon zu ihren Aufgaben.

Daneben gibt es natürlich die informellen Rollen, also diejenigen, die immer wieder Kraft in einen MOOC bringen, die die anderen provozieren, auffordern und mitreissen; die zuerst lange Überlegenden; die Störenfriede, usw.  So anders als in analogen Lernsettings verhalten sich die Menschen in digitalen ja auch nicht.

Struktur

Strukturen können helfen

Ein cMOOC in Reinform scheint mir tatsächlich etwas für versierte Einwohner des Web 2.0 zu sein, die sich selbst Struktur geben  können, sich ohnehin laufend vernetzen usw. Für alle anderen ist etwas mehr Struktur und ein bisschen Linearität nötig. Ich merke bei mir selbst, wie mich all die Anregungen manchmal auch konfus machen.  Das Stichwort Adaptivität  ist genau das richtige. Die hohe Kunst ist wohl, mit der sehr grossen Heterogenität, die an einem solchen MOOC teilnimmt, umgehen zu können. Die einen werden mehr Struktur, Zuspruch, Widerspruch, Begleitung brauchen, die anderen bewegen sich frei  und ohne grosse Navigationshilfe  in den verschiedenen Lernfeldern.

Empowerment

Ein Imperativ eines MOOCS sei: nutzt das Internet und lernt.  Ich würde vielleicht anfügen: und lernt voneinander, lernt miteinander. Das Internet hat einiges von dem, was Ivan Illich in seiner Entschulung der Gesellschaft beschrieben hat, jetzt möglich gemacht.  Ein solcher cMOOC gibt die Struktur dazu.

Twitter

Ich habe den iPad mit dem Twitterstream neben mir. Das ist, wie wenn ich während eines Podiumsgesprächs all die Seitengespräche im Saal auch noch mitverfolgen müsste: ich bin abgelenkt und auch etwas verärgert: einerseits über mich, weil ich so viel Multitasking wie die Twitternden schlicht nicht schaffe, andererseits auch, weil ich das Gefühl habe, den Teilnehmenden werde hier zu viel zugemutet. Später lese ich die Tweets dann nochmals nach, sie helfen mir bei der Nachbearbeitung, beim Nochmals-Durchdenken.

Soziale Präsenzkontrolle?

Ein Tweet, in dem gefragt wird, wo denn all die Dozierenden der XY-Hochschule jetzt seien, fällt mir auf. Open scheint nicht unbedingt auch „frei“ zu heissen, einige sind offenbar weniger frei als andere, hier teilzunehmen oder nicht. Das wäre keine gute Entwicklung.

Kameras

Während sich Holger Hanks von der Deutschen Welle durch eine entfernte Kamera sehr gut ins Bild setzt, ist Dörte zu nahe dran. Das kommt nicht so drauf an, es geht ja um die Inhalte. Ich würde aber einen Abschnitt zum Thema „sich ins Bild setzen“ in eine MOOC-Didaktik aufnehmen.

Feedback

Weil ich dann noch einen Tweet absetze, bekomme ich neue Follower und einen Retweet. Auch die Erwähnung meines Einsteiger-Blogs in Dörtes Blog führt zu einem aufmunternden Kommentar. Ich merke, wie mir das Motivation gibt, dran zu bleiben (auch wenn ich für nächste Woche keine Ahnung habe, woher die Zeit nehmen).

Methodik

Am ersten Tag des MMC13 nehme ich einige didaktische (bzw. eher methodische) Anregungen mit:

  • Jeweils am Morgen eine Mail des Moderationsteams mit wichtigen organisatorischen Hinweisen, Hinweisen auf Impulsbeiträge und interessante Diskussionen (auf einem Blog, Google+ oder wo immer, natürlich immer gut verlinkt)
  • Ein Blog-Aggregator, in dem die Beiträge der Teilnehmenden, die sich dafür eingeschrieben haben, aufgelistet werden. Man findet die URL des feeds offenbar heraus, in dem man einen Tag anklickt, und dann feed dahinter setzt. In meinem funktioniert das tatsächlich: Die URL des Feeds mit meinen Posts zum MMC13 lautet http://keller-schneider.ch/wordpress/tag/mmc13/feed/
  • Die Möglichkeit, auf Google Docs ein Dokument (Spreadsheet) aufzuschalten, an dem alle mitarbeiten. In diesem Fall entsteht die ultimative MOOC-Matrix
  • Ein Public Pad von edupad als Möglichkeit, sich auf ein online-Referat oder eine Diskussion vorzubereiten, in dem entsprechende Fragen gestellt werden
  • Die Hashtags bei Twitter, um zu sehen, was alles so läuft. Ein Twitterstream kann auch in einen Blog, ein Wiki usw. eingebunden werden
  • Ein Twitteraccount, auch um die interessantesten Tweets zu retweeten
  • Ein Wiki, in das auch ein „Sandkasten“ aufgenommen wird, in den dann all die verschiedenen noch nicht unter einem Titel platzierten Ideen, Anfänge von Beiträgen usw. aufgenommen werden.

Lurkerfallen

Yvonne Stragies hat einen gleichzeitig fundierten und persönlichen Artikel über Lurkerfallen geschrieben. Ich fühle mich ein bisschen ertappt und bin gespannt, ob ich im Laufe des Kurses aus dieser Lurkerfalle herausfinde. So ganz einfach ist es ja nicht, sich als Semi-Greenhorn auf all die Postings, Blogs, Tweets, Kommentare, RTs, Pingbacks und wie die Möglichkeiten alle heissen zu schwingen.
Aber immerhin: WordPress läuft schon auf dem iPad, da ist doch mal ein Anfang gemacht 😉