Weitere Ideen aus Hong Kong

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Weitere Gespräche am Hong Kong Institute of Education. Erwähnens- und evtl. nachahmenswert scheinen mir:

After-school-tutoring: Das HKIEd versteht sich als Plattform für Schulen, die für einzelne Schülerinnen und Schüler Aufgabenhilfen suchen und ihren Studierenden, die solche Aufgabenhilfe leisten wollen. Die Studierenden verdienen praktisch oder gar nichts, weil es sich um unterprivilegierte Kinder handelt, sie lernen aber sehr viel dabei. In Zürich machen wir ja z.T. etwas Ähnliches mit der AOZ. Hier gibt aber ein Grossteil der Studierenden solche Aufgabenhilfe, so dass viele sonst benachteiligte Schülerinnen und Schüler davon profitieren könne.

Forschungsorientierung: „I have all the data, now I have to write this paper“, sagen die Dozierenden ständig. Kein Sommerkurs wird begonnen, keine Neuerung im Curriculum eingeführt, ohne dass man nicht auch ein (mögliches) Forschungs- oder Evaluationsprojekt daran koppelt. Im Zweifelsfall werden Daten erhoben. Und wenn immer möglich wertet man sie auch aus und publiziert dazu. Das geschieht nicht immer in hoch“gerateten“ Journals, z.T. erfolgen die Veröffentlichungen auch in hauseigenen Zeitschriften oder elektronischen Plattformen. Aber es wird mehr publiziert, auch wenn auch hier „eigentlich“ niemand Zeit dafür hat.

Arbeit mit Schulleitenden
: Der Kontakt zu Schulleitenden wird von der Institution sehr bewusst gepflegt. Sie werden regelmässig zu Briefings eingeladen, sitzen in Beratungsgremien usw. An solchen Sitzungen stellt dann z.B. ein Student sein ePortfolio vor, eine Dozentin berichtet über die Einführung einer neuen Methode für den Zweitspracherwerb oder der Präsident lädt alle zu einem Event anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums ein.

Summer Schools
: Summer Schools (zwischen zwei Wochen und zwei Monaten) werden für den internationalen Austausch und die bessere Sichtbarkeit des Instituts durchgeführt. Da besucht z.B. eine Gruppe von Schulleitenden aus Shanghai einige Wochen eine Summer School oder es findet ein zweiwöchiges Kulturpgrogramm in der Greater China Region für europäische Lehrpersonen, Dozierende oder Studierende statt. (Zu diesem Selbstzahlerprogramm wären wir übrigens auch herzlich willkommen).

Mentoring-Programme
: Wir kennen solche Programme innerhalb der ZFH. In Hong Kong werden sie aber nicht für wissenschaftlichen Nachwuchs oder Frauen für Führungspositionen angeboten, sondern für angehende Lehrpersonen. Amtierende Lehrpersonen, aber auch andere arrivierte Einwohnerinnen und Einwohner können sich als Mentoren und Mentorinnen zur Verfügung stellen, Studierende sich als Mentees bewerben. Das Programm sei sehr erfolgreich. (Vielleicht etwas konfuzianisch geprägt, aber eine Idee wert).
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Auch in Hong Kong: ePortfolios

Christina bringt mich auch auf den neusten Stand bezüglich Arbeit mit ePortfolios. Sie zeigt mir verschiedenste, leider nicht öffentlich zugängliche Beispiele und erläutert mir, wie man hier in Hong Kong bei der Einführung vorgegangen ist.

Nach eingehendem Studium von Literatur , Interviews mit Expertinnen und Experten (Helen Barrett und Diane Mayer) , der Teilnahme an entsprechenden Kongressen und einem Pilotstudiengang hat man sich für die flächendeckende Einführung von ePortfolios entschieden. Von Seiten der Studierenden gab es keinerlei Widerstände, bei den Dozierenden sei der Widerstand auch eher klein gewesen, weil man ja wirklich „Evidence“ habe, dass ePortfolios wirksam seien.
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Man ist jetzt daran, ePortfolios in sämtlichen Studiengängen einzuführen.
  • Christina muss mich auch hier nicht überzeugen. Die Vorteile von ePortfolios sind offensichtlich.
  • Die Studierenden stellen nicht nur für sich selbst ein Portfolio zusammen, sondern üben damit Zusammenarbeit. Das ePortfolio entsteht über drei Jahre und wird mit Peers, Dozierenden, „Critical Friends“ diskutiert.
  • Studierende üben damit auch die Arbeit mit „Personal Learning Environments“ bzw. Personal Learning Networks“, also das Sammeln, Organisieren, Reflektieren, Miteinander-Austauschen, Publizieren bzw. Kuratieren usw. von Materialien. Eine Fähigkeit, die heute für Lehrpersonen unabdingbar ist.
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Bild: Tektab
  • Der rote Faden durch das Studium wird deutlich, weil im ePortfolio verschiedenste Leistungsnachweise als Nachweise für erreichte „Learning Outcomes“ abgelegt bzw. verlinkt werden. Sowohl Dozierende wie Studierende verlieren so die Ausbildungsziele als Ganzes nicht aus den Augen. Dozierende sehen deutlicher, was die Studierenden in anderen Bereichen lernen.
  • Teile aus dem ePortfolio können für Bewerbungen usw. öffentlich gemacht werden. E-Portfolios sind somit auch eine Möglichkeit für die Studierenden, sich öffentlich als Profis darzustellen
  • Eportfolios dürften auch in der Schule und im „lebenslangen Lernen“ eine immer grössere Bedeutung bekommen, kann man doch hier die Kompetenzen, über die man verfügt, auch die ausserschulisch erworbenen, darstellen. Ganz bestimmt wird auch die Bedeutung der computerunterstützten Zusammenarbeit, des Austausches über grosse Distanzen in Zukunft noch wichtiger. Lehrpersonen sollten darin Expertinnen und Experten sein.
In Hong Kong wird „Mahara“  für die ePortfolios genutzt, die Plattform ist aber letztlich nicht wesentlich. Das Portfolio ist in verschiedene Bereiche unterteilt:
  • Artefakte können  zunächst in einen geschützten Bereich hochgeladen werden (Lektionspläne, Arbeitsblätter, korrigierten Arbeiten von Schülerinnen und Schülern, Prüfungen, Beobachtungsnotizen, Berichte von Praktikumslehrperson und Mentor/in, Reflektionen, Entwürfe zu Leistungsnachweisen usw.) Die Studierenden bestimmen selbst, wem sie Zugang zu diesen Unterlagen geben. Meist sind das Peers, „critical friends“ also z.B. Lehrpersonen, die man kennt oder hier in Hong Kong recht verbreitet: auch Eltern oder Verwandte usw. Man übt so die Zusammenarbeit miteinander ein, macht Kommentare, Vorschläge usw.
  • In einem „Arbeitsbereich“ werden die verschiedenen mit dem Praktikum zusammenhängenden Leistungsnachweise abgelegt. Zugang haben die auftraggebenden Dozierenden aus Fachdidaktik und Erziehungswissenschaften, die Praktikumslehrperson und die Mentorin. Für jedes Praktikum werden vier solche Nachweise verlangt, die alle 10 beabsichtigten Learning Outcomes (FEILOs) abdecken. Die Studierenden können einen fünften Nachweis abgeben (d.h. ins ihr elektronisches Portfolio laden), zu dem sie sich den Auftrag selbst geben. Die geschieht vor allem, wenn sie das Gefühl haben, mit den vier Aufträgen nicht genügend darstellen zu können, wie sie alle Learning Outcomes erreicht haben.
  • Im „Showcase“ werden schliesslich die „Beweise“, dass die verschiedenen Learning Outcomes erreicht wurden, entlang der 10 „FEILOs“, in Zürich wären es wohl die 12 Standards ,dargestellt. Die wichtigsten Elemente dabei sind die Lernberichte der Studierenden.

„Come on, just introduce it – everybody will love it“ meint Christina zu Schluss.

Berufspraktische Ausbildung in Hong Kong

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Mit Christina Wai Mui YU Christina Wai Mui YU habe ich zusammengearbeitet, als wir an der PH Zürich, am HKIEd, in Nara  (Japan) und in Gwangju  (Südkorea) alle daran waren, unsere Studiengänge neu zu gestalten. Wir hatten damals auf Einladung unseres Kollegen Ikuta in Nara eine Woche lang intensiv an Standards, Learning Outcomes, Portfolios, elektronischen Lernobjekten und Umsetzungsmöglichkeiten in der berufspraktischen Ausbildung gearbeitet.

Christina ist Direktorin des „School Partnership and Field Experience Office“  und so Mitglied der Schulleitung. Heute stellt sie mir vor, was in Hong Kong seit unserem letzten Treffen umgesetzt wurde. Beeindruckend.

Field Experience Intendended Learning Outcomes (FEILOs)
Die Berufspraktische Ausbildung wurde in Übereinstimmung mit den übergreifenden Zielen der Studiengänge gebracht (Attributes of the Graduate, Learning Framework , Generic Outcomes.
Das führte zur Definition von 10 „FEILOS“ d.h. Field Experience Learning Outcomes.
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Struktur
Das von vier auf fünf Jahre verlängerte Bachelor of Education Studium (Lehrberechtigung zwei bis drei Fächer in der Primarstufe bzw. zwei Fächer auf der Sekundarstufe I) bringt in den ersten Jahren je eine Einführung in die Schule mit Hospitationen, im dritten Jahr ein siebenwöchiges Blockpraktikum mit der Verpflichtung 6 – 8 Lektionen pro Woche z.T. im Teamteaching zu unterrichten und im letzten Jahr nochmals ein siebenwöchiges Praktikum mit der Verpflichtung, 10 – 12 Lektionen alleine zu unterrichten.
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Wir haben schon früher darüber diskutiert, aber wie die meisten meiner ausländischen Kolleginnen und Kollegen ist Christina nach wie vor der Meinung, dass Hospitationen mit Beobachtungsaufträgen, Interviews usw. in den ersten beiden Jahren wertvoller seien als bereits zu unterrichten. Man dürfe nicht unterschätzen, wie wichtig es sei, gute Lehrpersonen zu beobachten, ihnen vielleicht zu assistieren, sich mit ihnen und anderen Profis im Schulfeld auszutauschen. Man lasse ja angehende Ärztinnen und Ärzte auch nicht in den ersten Semestern schon operieren… Ich selbst neige auch immer mehr zu dieser Ansicht. All die vielen tausend Stunden, die man selbst als Schülerin oder Schüler erlebt hat, sind zu rezent, wenn man nicht einige Zeit auch heutige professionelle Lehrpersonen beobachtet, sich mit ihnen über ihr Berufsverständnis usw. unterhalten und darüber reflektiert hat.
Die Blockpraktika wurden in Hong Kong verlängert und – auch auf Grund unserer guten Erfahrungen mit dem Quartalspraktikum – auch Vor- und Nachbereitungstage eingeführt. Auch hier: In Hong Kong möchte man die Studierenden nicht verpflichten, mehr als ein halbes Pensum zu unterrichten. Das Reflektieren, das Sammeln von „Evidenz“, dass die Learning Outcomes auch erreicht worden sind für das ePortfolio sei wichtiger für die berufliche Entwicklung.
 In der Schweiz wollen die Studierenden möglichst bald möglichst viel unterrichten, die Praktikumslehrpersonen finden es wichtig und wir Dozierenden auch. Aber vielleicht würde sich die Diskussion, ob unsere Studis mehr Zeit für die Beobachtung erfahrener, guter Lehrpersonen haben sollten, doch einmal lohnen.

HK Institute of Education während der Proteste

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Am Montagmorgen, 6. Oktober fahre ich an unsere Partnerhochschule, ans Hong Kong Institute of Education (HKIEd). Der Campus in den New Territories ist schön und idyllisch wie eh und je. Die Weigerung der Beijinger Zentralregierung, wirklich freie Wahlen zuzulassen, beschäftigt aber auch die angehenden Lehrerinnnen und Lehrer. Überall gelbe Bänder. Durch den ganzen Hauptkorridor ein langes schwarzes Band mit Botschaften. Transparente.
meinekommen.jpgIch bin gespannt, wie das an der Konferenz am Mittwoch und Donnerstag aussehen wird. Man hat die Konferenz wegen der Occupy-Bewegung zu Gunsten eines Meetings (zu dem lediglich die Teilnehmenden aus der Greater China Region eingeladen sind) um zwei Stunden gekürzt und das Gala Diner in ein normales Abendessen umgewandelt.
Eine Mitarbeiterin des HKIEd erklärt mir die Situation. Einerseits sei das Kollegium uneins, ob z.B. die Teilnahme an einer Demonstration ein Grund sei, zu spät an eine Lehrveranstaltung zu kommen oder gar zu fehlen. Man lasse das den Dozierenden frei, es werde aber heftig diskutiert. Solche Aushänge zeugen von den Diskussionen unter den Dozierenden.
Einig ist man sich, dass Studierende nur individuell, nicht als HKIEd-Gruppen an Protestversammlungen teilnehmen sollen.
HKIEd-Dozierende erzählen auch, dass sie momentan bei Einladungen, Familienfeiern usw. keine einfache Zeit haben. Sie werden von der älteren Generation häufig auf die Demonstrationen angesprochen und bekommen Vorwürfe zu hören, dass sie die Lehrpersonen wohl falsch ausgebildet hätten. Lehrerinnen und Lehrer hätten eine „Protestgeneration“ herangezüchtet, die zu wenig Respekt habe. Ich frage nach, wie sie solchen Vorwürfen begegneten. Sie argumentieren, dass das Gegenteil der Fall sei, die bei der Bewegung aktiven Mittelschülerinnen und -schüler und Studierenden könnten kritisch denken, partizipieren, ausgezeichnet argumentieren, sie seien höflich und äussert friedlich. Aber viele über 40-jährige sehen das nicht so, sie schätzen den „zivilen Ungehorsam“ als verheerend ein, haben Angst, Hong Kong verliere weitere Privilegien und Wohlstand. „The worst are the professors“, habe ich in einem Tweet gelesen.
crying2.jpgDie Proteste spalten aber nicht nur die Generationen, sie spalten viele Teilnehmende auch innerlich. Das konfuzianische Gedankengut, die Pflicht, den Ältern und vor allem den Eltern gegenüber respektvoll und gehorsam zu sein, ist tief verankert. Zu demonstrieren stürzt viele Junge auch im recht liberalen und offenen Hong Kong in einen Loyalitätskonflikt. Das Transparent „My parents are crying for me – I am crying for the future“, das ich gestern fotografiert habe, zeigt dieses Dilemma gut auf.
Etwas Erfahrung mit Konflikten hat man am HKIEd und den Schulen. In den letzten zwei Jahren hat man sich erfolgreich gegen die Einführung von „National Education“, d.h. Patriotismusunterricht nach festlandchinesischem Muster zur Wehr gesetzt. China hat schliesslich nachgegeben, wenn auch der der Druck, die Schule müsse „patriotischer “ zu werden, nach wie vor vorhanden ist.

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Occupy Hong Kong

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deviation.jpgIn einer solchen Zeit hier sein und die Ereignisse lediglich am Fernsehen verfolgen – das halte ich nicht aus.
Wir beschliessen, uns selbst ein Bild von der „besetzten“ Gegend im Regierungsviertel zu machen.
Die Strassen sind von der Polizei sehr weiträumig abgesperrt, übertrieben weiträumig, wie mir scheint. Die Barrikaden lassen sich ohne Probleme passieren, die dort präsenten Studierenden helfen den älteren Leuten (wie mir) über die Abschrankungen, die Stimmung ist friedlich, die Transparente fantasievoll.

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Die Demonstrierenden erklären ihre Ziele und freuen sich sehr, als wir uns auch ein gelbes Band anstecken. Ein bisschen Open-Air-Atmosphäre, nur sauberer, die WC werden ständig geputzt, Abfälle eingesammelt. Alles ist gut organisiert, Wasservorräte, ein Ersthilfe-Zelt.
Für unsere Augen ungewöhnlich, dass in einer solche Situation viele am Lernen sind, mit ihren Büchern am Boden sitzen.
Auch eine Bibliothek ist vorhaden (vgl. Tweets links)
Polizei ist nirgends zu sehen. Ich befürchte, dass hier bewusst ein Vakuum für die Triaden gelassen wird, gegen die die Studierenden keine Chance hätten. Die Befürchtung wird auf Twitter von vielen geteilt. Ich erlebe das erste Mal so hautnah, wie Social Media zwar sehr schnell Neuigkeiten verbreiten, aber auch ein Einfallstor für Gerüchte aller Art sind. Auch hier sind alle ständig mit ihren Smartphones beschäftigt.
Samstagabend wächst die Menschenmenge nochmals an. Weil fast alle frei haben, kommt es nochmals zu grossen Kundgebungen. Am Fernsehen erklären aber viele, sie müssten am Montag zur Schule, arbeiten oder studieren gehen, sie könnten dann höchstens nach Feierabend an der Besetzung teilnehmen. Andere erklären sich entschlossen, auszuharren.

Am Sonntagabend, 5. Oktober geben die Demonstrierenden dann einige Plätze wieder frei. Regierungschef CY Leung hat ultimativ die Räumung gefordert und man möchte Blutvergiessen vermeiden. Z.T. wird in den Social Media von einem Tiananmen-Trauma gesprochen. Das Massaker ist hier präsent, obwohl die meisten Demonstrierenden damals noch nicht geboren waren. Die Jahrestage werden jedes Jahr begangen. Viele Schülerinnen und Schüler und Studierende gehen erschöpft nach Hause, andere harren aus. Am Montagmorgen können die Regierungsangestellten ungestört in ihre Büros, einige Strassen bleiben gesperrt.

Hong Kong: Angry Mobs Turn on Protesters

keinechance.jpg(Bild Tom Grundy, Twitter)
Die Fakten kennt ihr aus den Medien. Hier einfach einige Eindrücke, was ich als Besucher in Hong Kong davon spüre.

Die PH Zürich wurde an die dritte  Konferenz der „Presidents of Normal Universities in the Greater China Region: Educators for the 21st Century“ am Hong Kong Institute of Education eingeladen. Ein Vertrauensbeweis, eine Gelegenheit für Networking und eine Gelegenheit, über kommende Innovationen nachzudenken. Neben Hong Kong zählen Taiwan, Macao und natürlich „Mainland China“ zur Greater China Region. Eingeladen wurden zwei weitere europäische Hochschulen (PH Linz und Stranmillis, Belfast), eine Hochschule aus Japan (Gakugei Tokio) und eine aus Südkorea (Gwangju). Ich hatte schon an zwei vorangegangenen Konferenzen teilgenommen und unser „President“ fragte mich freundlicherweise, ob ich ihn vertreten könne. A​ls ich zusagte, hätte ich nicht gedacht, dass eine Bewegung wie „Occupy Hong Kong“ entstehen könnte.
arroganz3.jpg(Bildquellen: Twitter, HKE)
Bei meiner Ankunft am Freitag, 3. Oktober sind einige neuralgischen Punkte in der Stadt besetzt, am Wochenende zuvor ist die Polizei gewaltsam gegen die Demonstrierenden vorgegangen. Eine Angst, die Zentralregierung in Beijing werde ihre Hong Konger Statthalter anweisen, Exempel zu statuieren, liegt in der Luft. Von Demonstrierenden friedlich besetzt sind Strassen im Regierungsviertel um „Admirality“ und um das Einkaufsviertel „Causeway Bay“. Aber auch Strassen im bei Kurztouristen und Grenzgänger/innen aus „Mainland China“ sehr beliebten Mong Kok. Hier gibt es für Festlandchinesinnen und -chinesen günstige und sonst schwierig erhältliche Ware, hier bezahlen die Ladenbesitzer den Triaden, mafiaähnlichen Organisationen, Schutzgelder.
Tränengas, Pfefferspray und Schlagstöcke am Wochenende zuvor haben in breiteren Kreisen Solidarität we1.jpgmit der Occupy-Bewegung bewirkt, einer Bewegung die vorerst aus Studierenden und Intellektuellen, bald auch aus Mittelschülerinnen und -schüler bestand. (Bildquelle Occupy, Twitter)
Am Flughafen wird man darauf aufmerksam gemacht, dass wegen „Incidents“ der Verkehr nicht normal funktioniere und mit Staus und Verspätungen zu rechnen sei. Tatsächlich sind viele Buslinien und die Trams eingestellt, einige Hauptverkehrsachsen sind gesperrt, die U-Bahn funktioniert aber normal.
Ich treffe mich mit Nae, die sich ein Wochenende freinehmen konnte, in einer Bar. Alles schaut Fernsehen und es zeigt sich, dass die – freie Nominationen für die Wahlen 2017 fordernden – Demonstrierenden nicht mehr lediglich Regierung und Polizei gegen sich haben. Die Stimmung ist weitgehend gekippt. In Mong Kok, zwei, drei Kilometer von unserer Feierabend-Bier-Bar entfernt, gehen von den Triaden angeheuerte Schläger gegen die friedlich Demonstrierenden vor. Jede Schlägerei wird von einem Heer von mit Smartphones Fotografierenden festgehalten und sofort via Social Media in Umlauf gebracht. Auch Ladenbesitzer und andere Hongkonger haben offenbar die Geduld verloren, sie beschimpfen die Demonstrierenden und reissen ihre Zelte nieder – was soll ein bisschen mehr oder weniger Demokratie, wenn der Wohlstand in Gefahr ist. Die Presse macht m.E. entsprechend Stimmung: Umsatzeinbussen und die Tränen der Leute, die wegen der Besetzung um ihren Taglohn kommen, werden in der South China Morning Post ausführlich zitiert.
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(South China Morning Post)
In der Bar, in der wir etwas erschrocken unser Bier trinken hat man zwar noch Sympathien für die Demonstrierenden, aber Angst, ihr Insistieren werde Hong Kong schaden und noch mehr Angst vor einer Eskalation. Man bittet uns, auf keinen Fall nach Mong Kok zu gehen.
Die Polizei ist in Mong Kok in kurzärmligen Hemden, ohne Helme und Schutzschilder präsent und versucht die Parteien auseinanderzuhalten. Beide Seiten haben sich farbige Bänder angesteckt. Tragen die Demonstrierenden für mehr Demokratie schon länger einen „Yellow Ribbon“, so tragen die „Besorgten Bürger“ bzw. die „Pro-China“-Leute (und die Schläger) jetzt eine blaue Schleife.
Über hundert Verletzte werden gemeldet, immerhin keine Schwerverletzten.
Am Quai flanieren unterdessen die Touristen aus China und Europa.